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Schönstes Auslaufen der Saison

Auch strömender Regen kann der geretteten Arminia nichts anhaben

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). War das ein Wetter. Passender für den Abstiegskampf hätte es kaum sein können. Allein: die Arminen haben damit nichts mehr am Hut, nicht einmal der strömende Regen sowie die Temperatur-Halbierung über Nacht konnte ihnen noch etwas anhaben.

Nachdem die Bielefelder Bayer Leverkusen mit 2:1 nass gemacht hatten, gab es gestern Morgen das schönste Auslaufen der Saison. Sehr feucht, aber auch ein bisschen fröhlich. Für die ganz große Bambule hatte es am Vorabend nicht mehr gereicht. Zu anstrengend war es doch gewesen, den Rettungsanker in der BayArena zu werfen. Die Stimmungsbeschreibung »kaputt und erleichtert« wertete auch Trainer Ernst Middendorp als zutreffend. Die Heimfahrt trat die Mannschaft ohne ihren Chefcoach an, der sich privat kutschieren ließ. Den obligatorischen Tankstellen-Stopp, um nach einem bedeutungsvollen Sieg etwas nachzuladen, legten die Spieler ohne ihn ein. »Vielleicht war die Musik etwas lauter«, berichtete Co-Trainer Frank Geideck aus dem Bus-Inneren, ansonsten fiel die Klassenerhalts-Party verhalten aus.
Middendorp hätte es in diesem besonderen Feier-Fall auch anders akzeptiert, nur seine Maßgabe musste eingehalten werden: 10 Uhr Training, und zwar für alle. »Wie die dahin kommen und was sie bis dahin gemacht haben, ist mir egal. Das muss jeder für sich selbst entscheiden«, sagte der Trainer über seine Profis. Wegbleiben geht erst heute. Da genießt die Truppe ihren freien Tag, ehe sie von Morgen an in die neue Rolle schlüpft. Den Schiffbruch hat sie vermieden, nun will sie mal sehen, was an Landeroberung möglich ist. In die Hängematte legen sich die Geretteten jedenfalls nicht.
Die verbleibenden Saisonspiele gegen Hannover 96 und Schalke 04 mögen für die Arminen nicht mehr richtungsweisend sein, sie sind es aber in jedem Fall für ihre Gegner. Die Niedersachsen drängen in den UEFA-Cup, die Westfalen streben in der Liga nach dem Höchsten, was es gibt - der deutschen Meisterschaft. Es gibt gute Gründe für Middendorp, sein Team noch einmal am Schlawittchen zu packen vor diesen 180 Rest-Minuten. »In Schalke blickt ganz Deutschland auf uns«, sagt er vor dem großen Finale um den Fußball-Titel, an dem Bielefeld beteiligt ist. Und die Leverkusener hoffen darauf, dass Arminia am vorletzten Spieltag die Klasse-Leistung vom Sonntag gegen Bayers Rivalen Hannover wiederholt. Der Bielefelder Trainer möchte da keine offenen Rechnungen hinterlassen: »Das sind wir denen schuldig. Vielleicht brauchen wir ja nächste Saison ein gutes Ergebnis von Leverkusen.«
So ganz nebenbei winkt nun auch die Verbesserung des Vereinsrekordes. Seit der Einführung der Drei-Punkte-Regel vor zwölf Jahren war der Erstligist Arminia nie besser als Dreizehnter und holte nicht mehr als 40 Punkte. Zwischenstand nach Runde 32 im Jahr 2007: Wieder Platz 13, 39 Zähler. Da ist noch was drin.
Es wäre eine willkommene Zugabe nach der Zitterei. »Wir wurden doch hinter Gladbach schon als Absteiger Nummer zwei abgestempelt«, blickte Rüdiger Kauf auf die vergangenen Wochen zurück, ehe der nimmermüde Mittelfeldspieler gestern seinen Motor zum Auslaufen anwarf. Es goss wie aus Kübeln, es herrschten nur 10 Grad. Und trotzdem war den Arminen ganz warm ums Herz. Sie sind im Trockenen.

Artikel vom 08.05.2007