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Ein Freudenfest für das Ego

VfB Fichte füllt das Wort »Charakterstärke« auf dem Platz mit Inhalt


Bielefeld (WB/jm). Er tanzte, riss die Arme hoch, lachte mit der Sonne um die Wette. Carsten Block freute sich wie ein kleines Kind über seinen ersten Saisontreffer. »Wenn ich hinten bin, dann bleibe ich hinten. Ich soll ja Tore verhindern. Aber wenn ich dann mal vorne bin, dann soll es auch rappeln,« schmunzelte der Innenverteidiger, dessen später Ausflug in unbekannte Offensivgefilde das 3:1 für den VfB Fichte bedeuteten (86.). Der Knockout für den SuS Neuenkirchen.
»Es kommt schon mal vor, dass ich die Kollegen anraunze, sie sollen ihre Konter besser nutzen. Da habe ich es einfach mal vorgemacht und muss mir jetzt von keiner Seite mehr was anhören müssen,« scherzte der künftige Spieler und Sportliche Berater des A-Ligisten SV Rödinghausen. »Unser Saisonziel heißt Aufstieg.« Zwar hatte er es versucht, den einen oder anderen Mitstreiter zu einem Wechsel zu bewegen, aber vom VfB Fichte wird niemand in den Kreis Herford mitkommen.
Carsten Block wird seiner neuen Crew viel zu vermitteln haben. Etwa wie eine Truppe zu einer richtigen Truppe wird. Der VfB Fichte lebt nicht nur aktuell Charakterstärke vor. Auch wenn angesichts des fest stehenden Abstiegs jegliche Spannung das Zeitliche gesegnet hat, so kämpfern, rackern, laufen die Herren der Rußheide, als ob sie der Welt etwas zu beweisen hätten. Doch darum geht es nicht. Höchstens dem Ego wollen sie es zeigen - und sich hinterher jedes Mal selber feiern.
»Yorck Bergenthal packt uns bei der Ehre. Er findet immer wieder einen Punkt, wo er uns kriegt,« sagt Carsten Block voller Anerkennung vor der Arbeit des Trainers. »Jetzt wo es um nichts mehr geht, spielen wir befreit auf.« Und jede Rosine wie etwa der Kreispokal-Halbfinalsieg über den DSC Arminia II schmeckt im Saisonfinale doppelt süß.
Auch Mark Sawkill findet, dass der Coach »überragende Arbeit« leistet. »Er ist derjenige, der das Maximum aus uns herauskitzelt.« Abgezockte Stürmer sind rar. Nach Bekanntwerden des VfB Fichte-Rückzuges war Mark Sawkill ein begehrter Ansprechpartner. Der TuS Dornberg und der VfL Theesen, der SV Enger-Westerenger oder die SG Bustedt klopften an, dazu »lockere Gespräche« mit Oliver Roggensack (FC Stukenbrock). Beim FC Muckum hätte er Spielertrainer werden können. Aber Sawkill bleibt dem VfB Fichte erhalten.
»Ich bin ja erst eineinhalb Jahre hier. Auch wenn es sich doof anhört: Da ist eine gewisse Verbundenheit entstanden, ich fühle mich wohl in diesem Verein.« Zwar findet Sawkill es »schade,« dass der VfB Fichte 2007/08 freiwillig in die Landesliga absteigt, doch genau dieser Schritt birgt auch einen Reiz. »Es wird eine interessante Aufgabe sein, dass Güven Aydin, Christopher Gliniars oder ich die Jüngeren da hinführen, dass sie mal das Ruder übernehmen können. Das ist eine echte Herausforderung. Und die ganzen Ortsderbys werden auch nicht ohne sein.«
Dass sich der VfB Fichte als Team nicht hängen lasse, zeuge von besonderen Charakteren. Sawkill: »Jeder einzelne Spieler hat - Abstieg hin oder her - Persönlichkeit genug, den bestmöglichen Platz erzielen zu wollen. Wir halten als Truppe gut zusammen, jeder opfert sich bis zuletzt auf.« Dass diese funktionierende Crew sich in wenigen Wochen in alle Winde zerstreut, sei das einzig Bittere an den guten Leistungen.

Artikel vom 08.05.2007