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Eng beschrieben sind die Seiten der gesichteten Briefe.

Abkürzungen
sparten Zeit
beim Schreiben

430 Briefe sind Basis der Biografie

Von Elke Wemhöner
Bethel (WB). 430 Briefe, verfasst von Ida von Bodelschwingh in gestochen scharfer Sütterlin-Schrift, bilden die Grundlage für eine Biografie. Die Historikerinnen Claudia Puschmann und Kerstin Stockhecke schreiben derzeit daran; im Herbst 2007 soll sie erscheinen.

Über Pastor Friedrich von Bodelschwingh, Leiter und Entwickler der Anstalten Bethel, weiß die Nachwelt einiges. Nicht zuletzt die 2005 erschienene Monographie gibt gute Einblicke in sein Leben. Ida von Bodelschwingh, seine Ehefrau, wird darin immer wieder erwähnt, bleibt aber weitgehend im Hintergrund. »Es gibt über sie ganz wenig Material. Wenn wir nicht auf ihre Briefe zurückgreifen könnten, bliebe ihr Bild unvollständig«, betont Kerstin Stockhecke, Leiterin des Hauptarchivs Bethel.
Um so glücklicher ist man in Bethel, dass in den 50er Jahren ihre Briefe im Archiv landeten. »Vermutlich hat ihr Sohn Gustav sie zusammengetragen und aufbewahrt.« Adressaten waren nicht nur Ehemann Friedrich, sondern auch ihre Schwestern, ihre Freundinnen und die Mitglieder der großen Verwandtschaft. Briefe waren seinerzeit das Kommunikationsmittel, bis zu dreimal am Tag wurden sie von den Postboten zugestellt. »Die Post war schnell. Ein, zwei Tage dauerte es, bis ein Brief den Empfänger erreicht hatte.«
Ida von Bodelschwingh war eine fleißige Briefschreiberin, die noch spätabends oder bereits frühmorgens, bevor die Kinder aufstanden, zur Feder griff. Ihre steile, nach recht geneigte Schrift ist eng, die Blätter dicht beschrieben. »Sie war eine Meisterin der Abkürzungen«, verrät Claudia Puschmann, Historikerin und Lektorin. »M. l. th. Frdr.« steht für »Mein lieber teurer Friedrich« - die Anrede für ihren Mann.
Vor drei Jahren begann Claudia Puschmann mit der Sichtung der Briefe. »Da musste ich mich erst einmal einarbeiten, um die Schrift flüssig lesen zu können. Mancher Brief war zunächst ein Lückentext. Aber im Laufe der Zeit wird man immer sicherer.«
Häufig geht es in den Briefen um Angelegenheiten des Haushaltes, auch um Dienstpersonal, um Ratschläge bei Krankheiten. »Ida von Bodelschwingh äußert sich aber auch freimütig über ihr Leben als Pfarrersfrau.« Die vielen Reisen ihres Mannes bedeuteten auch Mehrarbeit für sie, vor allem während der Betheler Zeit. So entwickelte sich für die beiden Fachfrauen das Bild einer tatkräftigen, aber auch hochsensiblen christlich geprägten Frau, die ihre Rolle als Ehefrau und Mutter gern ausgefüllt hat. Deutlich wurde auch, dass sie an ihren Aufgaben gewachsen ist. In der Grabrede bezeichnete Friedrich von Bodelschwingh seine Frau als »Gehilfin meiner Pilgerschaft«.
Die Biografie Ida von Bodelschwinghs wird im Herbst dieses Jahres im Verlag für Regionalgeschichte in Kooperation mit dem Bethel-Verlag erscheinen. Die beiden Autorinnen planen ein historisch fundiertes Sachbuch, das für Jedermann interessant ist.

Artikel vom 05.05.2007