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Schutzgelderpresser
vor dem Landgericht

Opfer nach »russischer Sitte« bedroht

Bielefeld (uko). Eine Bande von Männern aus Russland soll in Bielefeld von Bekannten und Geschäftsleuten Schutzgeld erpresst haben. Der Prozess gegen das Quartett begann am Freitag vor der 3. Strafkammer des Landgerichts. Die Angeklagten sagten indes zur Sache nicht aus.

Nach den Anklagen der Staatsanwaltschaft sollen der Moldavier Viatcheslaw P. (37) aus Herford, der Kasache Nikolaj V. (34) aus Altenbeken und der in Russland gebürtige Deutsche Nikolai V. (33) im Oktober 2006 einer Frau vor deren Wohnung in Bielefeld aufgelauert haben. Grund: Angeblich hatten die drei Männer eine Geldforderung in Höhe von 30 000 Euro gegen ihren Lebensgefährten. Die Schulden bestanden demnach aus Drogengeschäften und wurden wegen der Zahlung von Schutzgeld erhoben. Die Wohnung der Frau soll demnach nach Bargeld durchsucht worden sein. Der Frau drohten die Männer zudem an, man werde sie »platt machen«. Aus Angst soll das Opfer geduldet haben, dass die drei Räuber 250 Euro und Schmuck mitnahmen.
Am folgenden Tag soll es dann am »Real«-Markt an der Schweriner Straße zwischen den drei Männern mit einem Bekannten wegen der Aussprache über eine angebliche sexuelle Belästigung gekommen sein. Mit dabei soll zudem ein vierter Angeklagter aus Bielefeld gewesen sein.
Das Opfer wurde durch massive Schläge ins Gesicht nicht unerheblich verletzt.
Das Opfer soll auf Geheiß der Schläger zuvor noch einen weiteren Bekannten verständigt haben, der dann obendrein Zielscheibe der brutalen Attacken des Trios geworden sein soll. Der Mann soll mit Schlägen und Tritten ins Gesicht, gegen den Kopf und in den Unterleib erheblich verletzt worden sein. Zudem soll man ihm mit einem Tritt den Mittelhandknochen der linken Hand gebrochen haben. Letztlich sollen die Erpresser eine Zahlung in Höhe von 20 000 Euro verlangt haben, anderenfalls werde er erschossen. Das Opfer nahm an einem der folgenden Tage tatsächlich ein Darlehn bei einer Bank auf und zahlte schließlich 5 000 Euro aus.
Bereits im März 2006 soll P. gemeinsam mit anderen Rußlanddeutschen ein Restaurant am Oberntorwall aufgesucht haben und dort Schutzgeld erpresst haben. Der Gastronomen sollen die Männer gedroht haben, man werde nach »russischer Sitte« ihm einen »Kugelschreiber ins Ohr rammen«, gegebenenfalls eine »Bombe unter einem Tisch« platzieren oder ganz profan die Scheiben seines Restaurants einschlagen.
Die Rechtsanwälte bemühten sich gestern zum Prozessauftakt vergeblich, eine Aussetzung des Verfahrens herbeizuführen. Grund war ihrer Ansicht nach ein parallel geführtes Ermittlungsverfahren des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes gegen eine russsische Tätergruppe, in der auch die Angeklagten vertreten sein sollen. Die Strafkammer lehnte den Antrag auf Aussetzung ab. Die Angeklagten ließen sich zu Beginn der Hauptverhandlung noch nicht zur Sache ein.

Artikel vom 05.05.2007