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Stadt sucht Helfer,
die Sprache vermitteln

Projekt zur Sprachentwicklung bei Kleinkindern

Bielefeld (WB/cb). »Ein Wort, das ein Kind nicht sprechen kann, ist ein Gedanke, den ein Kind nicht denken kann.« Das liest man auf der ersten Seite der Beschreibung des Projekts »Miteinander reden, miteinander leben. Sprachförderung. Gut für Bielefeld.«

In diesem bundesweit einzigartigen Projekt setzen sich die Stadt, die Sparkasse Bielefeld und die Arbeiterwohlfahrt (AWO) für die frühzeitige Sprachförderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund ein.
»Wenn Kinder eingeschult werden und die deutsche Sprache nicht beherrschen, haben sie deutlich geringere Chancen auf einen lebenswerten Platz in unserer Gesellschaft«, berichtet Bielefelds Sozialdezernent Tim Kähler. Das Projekt begann 2006 und wird dreieinhalb Jahre dauern.
Ein Jahr lang werden die Drei- und Vierjährigen bezüglich ihrer Sprachkompetenz beobachtet. Dies geschieht nicht, wie beim »Delfin«-Projekt eine Stunde lang in einer Prüfungssituation, sondern im Alltag über einen längern Zeitraum, ohne dass das Kind viel von dieser Beobachtung mitbekommt. Davon verspricht sich Kähler eine größere Ganzheitlichkeit. Die Kita-Betreuer arbeiten nach einem Bogen, der ihnen von der Projektleitung zugeteilt wurde.
Nach einem Jahr ist nun klar, dass ein Drittel der Kindergartenkinder Sprachförderung benötigt. Daraufhin wurde den Eltern jetzt ein Förderungsplatz angeboten (es besteht im Gegensatz zu »Delfin« keine Pflichtteilnahme). Diese Förderungsprogramme werden im August/September beginnen und finden in Kleinstgruppen in den Kitas statt. Das soll dezent geschehen, damit der Stigmatisierung der Kinder nicht Tür und Tor geöffnet wird.
Kinder mit und ohne Migrationshintergrund benötigen verschiedene Förderung. Die erste Gruppe braucht eine intensivere fachliche Aufsicht als die zweite. So wurden für den ersten Fall 144 sozialversicherungspflichtige Stellen für Sprachförderer geschaffen. Für die zweite Gruppe werden ab Mitte Juli freiwillige Helfer gesucht, die dann von Experten geschult und im August eingesetzt werden können. Sie werden während des Projekts begleitet.
Gehören die Eltern zur Bildungsschicht, so lesen sie ihren Kindern bis zum sechsten Lebensjahr insgesamt 1700 Stunden lang vor. Kinder aus bildungsfernen Schichten (wo Kinder oft hauptsächlich vor dem Fernseher sitzen) hingegen erleben dies nur 24 Stunden lang. Die freiwilligen Helfer sollen bei diesen Kindern die Neugier an Büchern wecken und ihre Sprachkompetenz fördern.
Damit wird die Basis gelegt, auf der ein Kind Sprache besser beherrscht und auch seine Denkfähigkeit stärkt. Daas ist unumgänglich in einer Zeit, in der es immer mehr um Wissen und um Informationen sowie um deren Verknüpfung geht.

Artikel vom 08.05.2007