05.05.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Nadine zu Tode
misshandelt

Mann muss acht Jahre ins Gefängnis

Hildesheim (dpa). Im Indizienprozess um den Tod der kleinen Nadine aus Gifhorn in Niedersachsen hat das Landgericht Hildesheim den Familienvater am Freitag zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.

»Am 15. Januar 2002 misshandelte der Angeklagte die Kleine so stark, dass sie unmittelbar darauf starb«, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Pohl in seiner Urteilsbegründung. Das Gericht verurteilte den 32-Jährigen wegen Körperverletzung mit Todesfolge und schwerer Misshandlung. Die 30 Jahre alte Mutter, die dem Geschehen tatenlos zugesehen haben soll, erhielt ein Jahr Haft zur Bewährung. Die Eltern verscharrten die tote Eineinhalbjährige nach Überzeugung des Gerichts später an einem unbekannten Ort.
Die Eheleute hatten an den zwölf Verhandlungstagen geschwiegen und nur zum Prozessauftakt eine Erklärung verlesen lassen. Darin gaben sie an, Nadine sei im Januar 2003 nach einem Sturz aus dem Hochbett gestorben. Aus Angst vor dem Jugendamt hätten sie den Tod verschwiegen und das Kind im Harz begraben. Die Leiche wurde trotz intensiver Suche nicht gefunden. Die Eltern vertuschten den Tod der Kleinen jahrelang und gaben eine später heimlich geborene Tochter als Nadine aus. Erst nach einer Einschulungsuntersuchung im Herbst 2006 flog der Schwindel auf. Bei der Polizei sagte eine Bekannte der Mutter aus, diese habe ihr von Misshandlungen Nadines durch den Mann erzählt.
Weil der 32-Jährige gewusst habe, dass er nicht der leibliche Vater von Nadine sei, habe er das Kind immer wieder misshandelt, sagte der Richter. Nach dem Seitensprung habe seine Frau ihn als Versager im Bett gedemütigt. »Es entwickelten sich erhebliche Aggressionen nicht nur gegen seine Frau, sondern vornehmlich gegen Nadine. All seine Wut projizierte er auf dieses Kind.« Dabei sei die Gewalt zunehmend eskaliert.
Zunächst schubste der Familienvater die Kleine vom Sofa, zu einem späteren Zeitpunkt drückte er sie nach Überzeugung des Gerichts so fest an Armen und Beinen, dass das Mädchen blaue Flecken bekam. Später schlug er das Kleinkind ins Gesicht und verbrannte Nadines Füße auf einer Herdplatte oder mit einem Bügeleisen, schilderte Pohl.
Die Version der Eltern, Nadine sei nach einem Unfall gestorben, widerlegte der Richter, indem er auf insgesamt 30 Widersprüche in den Aussagen der Eheleute bei der Polizei hinwies. Das letzte Lebenszeichen von Nadine gab es am 25. Dezember 2001 - ein Foto mit zwei Geschwistern.
Der Familienvater will nun Revision einlegen. Die Mutter der toten Nadine soll das Baby, das sie in wenigen Wochen erwartet, zunächst behalten dürfen. »Das Neugeborene bleibt erst mal bei der Frau, wird aber vom Jugendamt engmaschig betreut«, sagte die Sozialdezernentin des Landkreises Gifhorn, Ingrid Alsleben. Die fünf übrigen Kinder sind seit Beginn der Ermittlungen in einer Pflegefamilie untergebracht.

Artikel vom 05.05.2007