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Einfach und verrätselt zugleich

Zeitgenössische Oper »Hanjo« von Toshio Hosokawa am Stadttheater

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Noch eine Menage á trois erwartet den Opernfreund in dieser Spielzeit. Doch anders als Adolph Adams leichtfüßiger »Toreador« geht es in der Oper »Hanjo« des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa um das rätselhafte Schicksal dreier Menschen, die sich wie die Planeten umkreisen, ohne einander zu finden.

Das Stück basiert auf einer modernen Adaption eines Nô-Spiels aus dem 14. Jahrhundert. Der exzentrische japanische Literat Yukio Mishima, der sich 1970 wohl inszeniert und begleitet von der Öffentlichkeit das Leben nahm, erzählt darin die Geschichte der ehemaligen Geisha Hanako, genannt Hanjo, die jeden Tag zum Bahnhof geht und auf Yoshio wartet, mit dem sie vor drei Jahren den Fächer getauscht hatte. Fächer tauschen steht für Verlobung. Doch der Ersehnte kommt nicht. Die Malerin Jitsuko nimmt das aus Liebe geistig verwirrte Mädchen auf und findet in ihr das ideale Modell. Als eines Tages ein Zeitungsartikel über die ungewöhnliche Hanjo erscheint, taucht Yoshio im Haus der Malerin auf. Diese verleugnet ihre Mitbewohnerin zunächst, kann aber dennoch nicht verhindern, dass sich Yoshio den Zugang zu Hanjo erkämpft. Doch diese erkennt ihn nicht, sondern zieht es vor, weiterhin zu warten.
Toshio Hosokawa machte daraus eine einaktige Oper, die 2004 im Rahmen des Festivals in Aix-en-Provence uraufgeführt wurde und am Stadttheater in deutscher szenischer Erstaufführung in einer Inszenierung von Patrick Schimanski auf die Bühne kommt. »Die Geschichte lässt viele Interpretationsweisen zu. Sie ist auf der einen Seite einfach, auf der anderen aber völlig verrätselt«, sagt Schimanski, der einen Schwerpunkt seiner Inszenierung auf das Thema Zeit legen wird.
Auf der musikalischen Seite findet dies durch ausgeprägte Dehnungen ihr Pendant. »Sie sind ein wichtiger Aspekt in der Ästhetik von Hosokawa«, weiß Kevin John Edusei, dem die musikalische Leitung obliegt. Die symbolhafte Musiksprache des Komponisten besteht aus Verläufen und bedeutungsvollen Einzeltönen, die wie ein Subtext die handelnden Personen charakterisieren. Gesungen wird in englischer Sprache mit deutschen Übertexten. Für die Premiere am Samstag, 12. Mai, 19.30 Uhr, sind noch Plätze vorhanden. Karten gibt es an der Theaterkasse oder können unter Telefon 515454 bestellt werden.
Am Vorabend lädt das Theater zu einem Komponistenporträt mit Toshio Hosokawa ins Historische Museum ein. Beginn der Veranstaltung ist um 20 Uhr.

Artikel vom 05.05.2007