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»Null Toleranz bei Jugendgewalt«

CDU-Leitantrag rät, härter durchzugreifen und Erziehung zu stärken

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). »Jugend schützen, Gewalt bekämpfen, härter durchgreifen«, lautet der Leitantrag zum Landesparteitag der CDU am Wochenende in Siegburg. De Union will neue Wege im Jugendschutz gehen.

Der neue »Gleichklang aus Prävention und Repression« beginnt mit einer Reform des Familienrechts, um Hürden für Familienrichter abzubauen und Weisungen an Eltern auch durchzusetzen. Vorsorgeuntersuchungen und Schulpflicht gilt ein besonderes Augenmerk. Vorbild: Das bayerische Schulschwänzerprogramm, das schon 14-Jährige mit Bußgeld belegt.
Der Verkauf so genannter Bongs an Jugendliche zum Haschrauchen wird verboten. Die Videoüberwachung von Schulen, Bahnhöfen, Haltestellen, Parks und öffentlichen Einrichtungen soll grundsätzlich möglich sein. Bei Großveranstaltungen müssen Jugendliche künftig mit Rucksackkontrollen rechnen. Schnaps und Drogen werden eingezogen. Ungewöhnlich für einen Leitantrag: »Einzelnen Jugendämtern« wird ein »offensichtliches Vollzugsdefizit« vorgeworfen, weil es von 2001 bis 2005 nur 13 Verfahren gegen Gewaltdarstellungen gegeben hat. Konsequent sollen Verkauf und Verleih von Killerspielen an Jugendliche verboten werden. Neben »Gewalt verherrlichenden« sollen auch »gewaltbeherrschte« Spiele mit Gemetzelszenen tabu sein.
Lehrer sollen eher eingreifen. Die Wiedergutmachung eines Schadens steht im Blickpunkt. Schülergerichte können geringfügige Vergehen ahnden. Die Strafmündigkeit bei echten Delikten wird im Extremfall von 14 auf 12 Jahre herabgesetzt.
Zunächst greift die Aktion »Gelbe Karte«: Kurz nach der Tat wird der Jugendliche mit seinen Eltern von Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendamt vorgeladen und es wird sofort eine erzieherische Maßnahme verhängt, zum Beispiel Sozialstunden oder Verkehrsunterricht. Wenn der Jugendliche dann immer noch keine Einsicht zeigt, wird Anklage vor dem örtlichen Jugendrichter erhoben.
Für jugendliche Intensivtäter, die sehr früh sehr viele Delikte begehen, sollen Bewährungs- oder Erziehungscamps eine sinnvolle Maßnahme sein. Mit Verweis auf Erfahrungen aus Kassel heißt es in dem Leitantrag ein wenig schwammig: »Inwieweit eine solche Institution auch in NRW etabliert werden kann, sollte die Landesregierung prüfen.« Unmissverständlich heißt es dann aber: »Wenn Weisungen und Erziehungshilfen nicht mehr wirken, ist als letztes Mittel sowohl für jugendliche Intensivtäter als auch für nicht strafmündige Kinder die Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen grundsätzlich erforderlich.« Außerdem: Die CDU in NRW will, dass Erwachsenrecht bei 18- bis 21-Jährigen gilt. Jugendstrafrecht für Heranwachsende soll nur noch im Ausnahmefall in Betracht kommen.
Damit sich ein Fall wie der Häftlingsmord in Siegburg nicht wiederholt, will die Union »ein konsequentes Recht der jungen Gefangenen auf Einzelunterbringung«. Ausnahme: Suizidgefahr. Mindestens drei Stunden Sport pro Woche und vier Stunden Besuch pro Monat - auch an Wochenenden - soll es geben. Schließlich werden mehr Obduktionen und amtliche Leichenschauen besonders beim Tod von Säuglingen und Hochbetagten gefordert, um mehr Gewissheit zu haben.

Artikel vom 04.05.2007