04.05.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Verbotene Liebe bei Miele

NS-Zwangsarbeiter kehren nach 62 Jahren zurück

Von Michael Delker
Gütersloh (WB). In der NS-Diktatur war ihre Liebe verboten. Ein Zwangsarbeiter aus Holland und eine Zwangsarbeiterin aus der Ukraine durften keine Beziehung eingehen.

Alexandra Surnina und Willy Thomasson setzten sich über alle Hürden hinweg. Bei Miele in Gütersloh haben sich die beiden im März 1943 kennen- und liebengelernt. Nach 62 Jahren kehrte das Ehepaar gestern an den Ort zurück, der ihr weiteres Leben so stark beeinflussen sollte. Persönlich begrüßt von Miele-Geschäftsführer Horst Schübel trauten die beiden Niederländer ihren Augen kaum. »Die Firma ist nicht mehr wiederzuerkennen«, sagte Willy Thomasson (85).
Im Krieg stand Miele unter Zwangsverwaltung und musste Munitionsteile produzieren. 634 Zwangsarbeiter wurden eingesetzt, die meisten davon waren Frauen aus der Ukraine. Wie die heute 83-jährige Alexandra Surnina, die in einem Lager hinter hohen Zäunen mit Stacheldraht untergebracht wurde. Hoffnung gab den jungen Frauen der Lagerkommandant, der sie sehr menschlich behandelte. »Er war ein großartiger Mann«, erinnert sich Alexandra Surnina. Sie war 18 Jahre alt, als sie in einer Gruppen von 23 Niederländern einen gut aussehenden jungen Mann erspähte: Willy Thomasson, der bei Miele erst als Schlosser und dann als Elektriker eingesetzt wurde. Immer wieder half dem jungen Paar der Lagerkommandant.
Im März 1945 beschlossen die Ukrainerin und der Niederländer, von Gütersloh nach Enschede zu fliehen. An der Grenze wurden sie fast noch von umherfliegenden Kugeln getroffen. In Enschede tauchten sie zunächst unter und konnten erst am 23. November 1945 heiraten. Es fehlten die Papiere. Beide haben zwei Kinder und mittlerweile vier Enkel. Als Alexandra vor Jahren die Ukraine besuchte, verspürte sie Heimweh - nach Holland. Von Miele sprechen beide noch heute mit Hochachtung: »Die Firma produziert gute Produkte.«

Artikel vom 04.05.2007