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»Bielefeld kann stolz sein«

2:1-Sieg in Leverkusen: Arminia feiert den Klassenerhalt mit Bayer-Bier

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Leverkusen (WB). Mit sechs Punkten und 17 Toren Vorsprung gegenüber Alemannia Aachen auf Abstiegsplatz 16 geht der DSC Arminia Bielefeld in die letzten beiden Spiele dieser Saison. Das ist theoretisch zwar immer noch aufholbar, wird aber in 1000 Jahren Bundesliga nicht passieren.
Glänzender Vorbereiter: Robert Tesche hängt auf dem rechten Flügel Marko Babic ab und bedient Artur Wichniarek, der mit dem 1:0 sein neuntes Saisontor erzielt.

Darum kannte der Jubel in Leverkusen keine Grenzen: Mit dem 2:1 bei Bayer 04 feierten die glücklichen Gewinner den vorzeitigen Klassenerhalt. »Wir haben das hier heute absolut verdient. Jeder hat seinen Anteil daran. Ganz Bielefeld kann stolz sein«, sagte Trainer Ernst Middendorp. Die Entscheidung fiel, als Jonas Kamper in der 83. Minute den Ball aus halblinker Position via Innenpfosten in den Leverkusener Kasten jagte. »Ich habe die Augen geschlossen, drauf gehalten und dann war er drin«, beschrieb der Joker sein 2:1, für das sich die Kollegen dieses Mal besonders herzlich bedankten.
Markus Bollmann gab zu, dass der Zeitpunkt nicht besser hätte gewählt sein können: »Wir waren alle schon ziemlich platt. Aber wir haben da immer noch diesen Bekloppten, der die Sache für uns aus der zweiten Reihe regelt.«
Es handelte sich um Saisonknaller sechs des schussgewaltigen Dänen. Leverkusen blieb nichts anderes übrig, als den Bielefeldern für ihren verdienten Triumph einen auszugeben. Die ersten Kästen Bier, die die Arminen orderten, wurden aus dem Kabinentrakt des Verlierers geliefert. Aber trotz des seligen Feier-Abends ist noch lange nicht Schluss. Heute Morgen hat Middendorp schon wieder Training angesetzt: »Wir haben eine hohe Verantwortung der Liga gegenüber und wollen auf keinen Fall den Wettbewerb verfälschen«, kündigte der Coach an, dass seine Elf auch gegen Hannover 96 und in der letzten Liga-Runde beim möglichen »Meisterspiel« in Schalke noch einmal alles geben will.
Das Ziel, Bielefeld die erste Klasse zu erhalten, ist aber schon jetzt erreicht. Die Auftritte der Konkurrenz hatten sich die Arminen am Samstag in aller Ruhe ansehen können. Dabei stellten sie durchaus zu ihrem Vergnügen fest, dass im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga erster »Weinzwang« ausgebrochen ist.
Besonders große Taschentücher dürfen schon an den FSV Mainz 05 gereicht werden, und auch Alemannia Aachen ist nach der 0:4-Abreibung im Kellerduell in Frankfurt zum Heulen zu Mute.
Das gebündelte Elend der Konkurrenz nutzte Arminia. Die Ausgangsposition war verlockend genug, um den Leverkusenern mal eben zu zeigen, dass sich Abstiegskampf und feiner Fußball nicht ausschließen müssen. Die Ostwestfalen drückten wie verrückt auf die Tube und als die zehnte Minute vorüber war, da staunten die Zuschauer nicht schlecht. 3:0-Torchancen und 5:0-Ecken - so selbstbewusst muckte der DSC Arminia auf. Artur Wichniareks Kopfball, Radim Kuceras Direktabnahme oder Christian Eiglers Pfostenschuss: Jede dieser Gelegenheiten gleich zu Beginn war top. Und im vierten Anlauf klappte es endlich. Robert Tesche eroberte auf der rechten Außenbahn den Ball von Marko Babic, seine Flanke donnerte Wichniarek vollkommen mitleidslos ins Netz. Der polnische Torjäger bejubelte in der 19. Minute seinen neunten Saisontreffer.
Der Ausgleich (30.) entsprang ungewolltem Ball-Billard. Simon Rolfes schoss Tobias Rau an, der Ball plumpste Sergej Barbarez vor die Füße. Weg war er, der schöne Vorsprung. In der zweiten Hälfte kämpfte Bielefeld vorbildlich, geriet zwar unter Druck, aber außer zwei Torchancen durch Andrej Woronin und Stefan Kießling sprang für Bayer nichts mehr heraus. »Eine enttäuschende Vorstellung«, kritisierte Bundestrainer Joachim Löw, der Arminia für den couragierten Auftritt lobte.
Dass sie nach 32 Spieltagen »durch« sind und nicht bis zum Ende zittern müssen, ist ein kleines Wunder. Rüdiger Kauf: »Wir haben es mit einer tollen Moral geschafft. Dabei hatten uns doch schon alle aufgegeben.«

Artikel vom 07.05.2007