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Im Gefängnis Miete zahlen

Dann gibt's Vorzüge

Von Barbara Munker
Los Angeles (dpa). Sechs Monate im Gefängnis der südkalifornischen Stadt Fullerton können teuer werden: Die ersten beiden Nächte kosten je 100 Dollar, alle weiteren 75 Dollar. Wer das Angebot »pay-to-stay« - etwa Bezahle-um-zu-Bleiben - wahrnimmt, kann mit mehr Komfort hinter Gittern rechnen.

Häftlinge mit Geld können sich in etwa einem Dutzend Gefängnissen in Kalifornien eine Vorzugsbehandlung erkaufen: Sie dürfen Handys benutzen, eigene Bücher und Zeitschriften mitbringen sowie zwei Mal pro Woche Besucher empfangen. Die Zellen sind mit Fernseher, Videogerät und eigener Toilette vergleichsweise luxuriös.
»Ich weiß, dass dies hier als Fünf-Sterne-Hilton gilt«, erzählt die 22 Jahre alte Nicole Brockett der »New York Times«. In einem Gefängnis im Bezirk Orange County sitzt sie 21 Tage wegen Trunkenheit am Steuer ab. Ihr »sauberer« und »sicherer« Raum mit einem kleinen Sofa ist den Zellenpreis von 82 Dollar am Tag wert, sagt die Barkeeperin aus Los Angeles. Die typischen Kunden sind Männer Ende 30, die mit Alkohol am Steuer erwischt wurden und etwa einen Monat abbrummen müssen. Denn das Programm ist nur für kleinere, gewaltfreie Gesetzesbrecher gedacht.
Dass einige Gäste hinter Gittern für Privilegien zahlen, kommt bei den finanziell gebeutelten Gemeinden gut an. Bis zu 127 Dollar am Tag bekommt das Gefängnis in Pasadena von seinen etwa 20 »pay-to-stay«-Kunden.
Doch Kritiker kreiden es als sozial ungerechnet an, wenn Dollarnoten Komfort und Sicherheit im Gefängnis bedeuten. Nicole Brockett blätterte in drei Wochen mehr als 1700 Dollar hin. Doch es war kein Urlaub in einem schönen Hotel. »Der Raum war in Ordnung«, sagt sie der »Times«. »Aber man weiß haargenau, wo man ist«.

Artikel vom 03.05.2007