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Subtiler Witz wurde
aufs Schönste ausgespielt

Avantgardistische Klanglichkeit und Klassikrepertoire

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Brückentag und ein sommerlicher Abend im Frühling - da stand nur dem harten Kern der Kammermusikfreunde der Sinn nach avantgardistischer Klanglichkeit und Hochblüten des klassisch-romantischen Repertoires. Gleichwohl empfahlen sich mit Ida Bieler (Violine) und Tina Tichman (Klavier) zwei hoch profilierte Musikerinnen im vierten städtischen Kammerkonzert.

Sie eröffneten mit zwei Vertretern der zeitgenössischen polnischen Musik. Der 1994 in Warschau verstorbene Witold Lutoslawski setzte dem Stilpluralismus der gegenwärtigen Musik eine ganz eigene Handschrift entgegen, die auf neuen Ordnungen und formaler Geschlossenheit zielte. Als eines seiner letzten vollendeten Werke ist »Subito« ein auf mehreren Ebenen ablaufendes vielschichtiges Werk, das außer von charakteristischer Chromatik in der stimmführenden Geige von symmetrischen Akkorde im Klavier gekennzeichnet ist. Trotz der formalästhetischen Anlage gelang es Ida Bieler, in ihrem bezwingend sprechenden Vortrag die aufgewühlte Atmosphäre des Stücks hervorzuheben und geistige Aussage in emotionalen Ausdruck zu verwandeln. Einfühlsam wurde die Stimmung dabei von Nina Tichman am Klavier verdichtet.
In Krzystof Pendereckis ĂŽuvre nimmt die Kammermusik eine Randstellung ein. Durchlief der Komponist in seinen Schaffensperioden sämtliche ästhetische Verfahren der Avantgardemusik, so stellt seine im Jahr 2000 entstandene Sonate eine Rückbesinnung auf tradierte Kompositionsformen dar, die allerdings harmonisch sowie formal kühn bishin provokant verfremdet werden. Das Duo arbeitete die Kernaussagen der fünf Sätze in vollendet virtuoser Technik heraus. Hervorzuheben bleibt das Allegretto scherzando mit seiner parodierten Heiterkeit (frech hingeworfene Springbögen und federnd-pointierter Anschlag) sowie das lyrische Adagio, das von betörendem Vibrato-Spiel gekrönt wurde und zu den innigsten Momenten des sonst eher aggressiv-vorwärtspeitschenden Werks gehörte.
Ein entspannteres Hören gewährte nach der Pause Wolfgang Amadeus Mozarts C-Dur-Sonate KV 303. Als gleichberechtigte und trefflich miteinander harmonierende Partner wurden subtiler Witz und Heiterkeit aufs Schönste ausgespielt und pointiert auf den Punkt gebracht.
Camille Saint-Saëns Sonate Nr. 1 op. 75 bot vornehmlich Ida Bieler Gelegenheit, mit überlegener Virtuosität zu glänzen. Ihre kraftvoll-intensive Klanggebung ließ nur wenig Innigkeit und feine Tonmodulationen aufkommen, die vor allem im Adagio-Satz vermisst wurden. Bei aller Bewunderung für technische Perfektion und kammermusikalisches Zusammenspiel blieb die Wiedergabe abgesehen von stürmischem Draufgängertum eine emotionale Durchdringung schuldig.
Das Publikum bekundete Anerkennung durch freundlichen Applaus.

Artikel vom 03.05.2007