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Im Blindflug durch die Welt

Miles Hilton-Barber landet in Sydney - jetzt will er zu den Bahamas rudern

Von Christiane Oelrich
Singapur/Sydney (dpa). Für einen, der schon mit 18 durch die Pilotenscheinprüfung flog, hat Miles Hilton-Barber es ziemlich weit gebracht: Am Montag landete der Brite im Ultraleichtflugzeug nach 59 Tagen und mehr als 21 000 Flugkilometern am anderen Ende der Welt, in Sydney.

Hilton-Barber (58) schaffte den Marathon-Flug in völliger Dunkelheit - er ist »blind wie eine Fledermaus«, wie er selbst sagt. Aber Aufgeben oder Selbstmitleid sind nicht sein Ding. »Das Leben lässt sich nicht an den Atemzügen messen, die wir machen, sondern an den Momenten, die uns den Atem rauben«, sagt er und ergänzt: »Die einzigen Grenzen in unserem Leben sind die, die wir selbst akzeptieren.«
Bei Hilton-Barber, der wie drei Millionen Menschen auf der Welt an einer Degeneration der Netzhaut erblindete, muss man lange nach solchen Grenzen suchen. Er kletterte auf den Mont Blanc und den Kilimandscharo, lief Marathon in Sibirien, zog einen Schlitten 400 Kilometer durch die Antarktis und wanderte bis zum Südpol. »Ich habe mir mit dem Flug einen fantastischen Traum erfüllt«, schwärmte er nach seiner Landung in Sydney. Ein paar Stunden später sprach er von seinem nächsten Vorhaben: »Mein Traum ist, von den Kanarischen Inseln zu den Bahamas zu rudern.«
Hilton-Barber war am 7. März in der Nähe von London mit einer Mainair Quick GT450 gestartet. Er bediente die Maschine mit einer speziellen Software, die die Anzeigen der Navigationsgeräte in Sprache umsetzte. Seine eigenen Instrumente bediente er teilweise über ein Keyboard, das er an seinem Bein festgeschnallt hatte. Als Co-Pilot war ein erfahrener Leichtflugzeugpilot dabei. Die Reise ging über den Nahen Osten, Pakistan, Indien, Malaysia und Indonesien. Mit dem Rekordflug sammelte er auch Geld für eine Stiftung namens »Seeing ist Believing« (»Sehen ist Glauben«), die krankheitsbedingte Blindheit in Entwicklungsländern bekämpft.
Sein Abenteuerdrang war erst mit der Behinderung erwacht. »Früher hätte ich mich unter dem Bett versteckt, wenn man mir gesagt hätte, was ich heute mache. Als ich blind wurde, dachte ich: Das ist das Schlimmste, was mir passieren kann. Aber vielleicht ist es das Aufregendste, was mir je passiert ist.« Jetzt will Hilton-Barber vor allem andere inspirieren. Es muss ja nicht gleich der Kilimandscharo sein. »Wenn ich eine 80-jährige Dame, die erblindet ist, dazu anrege, den Stock zu nehmen und zum ersten Mal allein über die Straße zu gehen - das ist doch was«, sagte er in einem BBC- Interview. Der Vater von drei erwachsenen Kindern hat seinen Drang zum Mitreißen auch zum Beruf gemacht: Als Motivationstrainer arbeitet er mit Managern.

Artikel vom 01.05.2007