01.05.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kleinen Jungen
misshandelt

Mutter erhält Bewährungsstrafe

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Zwei Schädelbrüche, Gehirnbluten, Hämatome, blaue Flecken - der kleine Marcel ist von seiner Mutter, seinem Vater oder von beiden schwer misshandelt worden. Wer der Täter war, konnten Gericht und Staatsanwaltschaft aber nicht feststellen.

Vom Amtsgericht war das Paar wegen Kindesmisshandlung zu Bewährungsstrafen von jeweils 18 Monaten verurteilt worden, jetzt wurde der Fall aus Lippstadt zwei Tage in zweiter Instanz vor dem Landgericht Paderborn verhandelt.
Brigitta M. (23) und Matthias H. (27) waren Mitte 2005 zusammengezogen. Nur eine Woche später kam Marcel zur Welt. Als er zwei Monate alt war, stellten Ärzte bei einer Untersuchung im Krankenhaus die schweren Verletzungen fest. »Sie müssen dem Kind über mehrere Wochen durch stumpfe Gewalteinwirkung, eventuell mit der Faust, gegen den Kopf zugefügt worden sein«, sagte der Gerichtsmediziner Dr. Bernd Kager aus Münster im Prozess gegen das Paar. Die Erklärung der Mutter, Marcel habe sich an den Gitterstäben seines Bettes gestoßen, verwies der Rechtsmediziner ins Reich der Fabel: »Hier liegen sämtliche Kennzeichen einer Kindesmisshandlung vor«. Andere Möglichkeiten könne man sicher ausschließen, die Befunde seien glasklar.
Die Eltern bestreiten jedoch, ihrem Kind etwas angetan zu haben. Sie können sich die lebensgefährlichen Verletzungen angeblich nicht erklären und wollen deren Schwere auch nicht erkannt haben. »Ich wollte mit dem Jungen ja früher zum Arzt, aber Brigitta hielt es für überflüssig«, behauptet ihr Lebensgefährte.
Angesichts der erdrückenden Beweislage nahm Brigitta M. schließlich ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurück. Matthias H. muss lediglich 900 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze) wegen fahrlässiger Körperverletzung zahlen, weil er seinem Sohn nicht eher zum Arzt gebracht hatte. Viel spreche dafür, dass die Mutter die eigentliche Täterin sei, meint Richter Franz-Josef Büttinghaus. Zweifelsfrei zu beweisen sei das allerdings nicht.
Marcels lebensbedrohliche Verletzungen sind offenbar folgenlos verheilt. Er lebt heute in einer Pflegefamilie. Das Jugendamt hat gegen die Eltern ein Verfahren mit dem Ziel des Sorgerechtsentzugs eingeleitet. Vater und Mutter dürfen ihren Sohn nur einmal im Monat für eine Stunde sehen - unter Aufsicht.

Artikel vom 01.05.2007