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Adam Smith,National- ökonom (1723 - 1790)

»Alle 100 Jahre ein Staatsbankrott, dann herrscht wieder freie Bahn.«

Leitartikel
Krieg erklären, durchregieren?

Warme Luft wird gern vermarktet


Von Rolf Dressler
Alle Lebenserfahrung zeigt es: Erwachsene Menschen wollen manchmal wie Kinder sein. Und so gesehen sind natürlich auch Politiker nur Menschen wie du und ich - wie der Peter und der Kurt zum Beispiel oder die vielen anderen aktuellen Polit-Schausteller von der Konkurrenz namens Volker, Franz und Michael.
Wer an diesem Aprilhochsommer-Wochenende, ob bei Tag oder bei Nacht, das Radio mitlaufen ließ, dürfte, grob geschätzt, so zwischen 20 und 100 Mal abwechselnd den Peter (Struck) und den Kurt (Beck) vernommen haben, wie sie das jähe Ende der Bun- des-Regierungskoalition nachgerade herbeizureden schienen. Doch gemach, gemach. Nur ein weiteres Mal intonierten die Akteure eine neue Folge der unendlichen Geschichte »Wer vermarktet warme Luft am besten?«
Kurt Beck, der Partei-Vormann, den im Publikum in eben dieser Funktion erstaunlicherweise kaum jemand kennt, fauchte zwar, seine SPD könne, wolle, werde der CDU/CSU womöglich sogar den »Krieg« erklären, sollte sie sich der Reform, sprich: Erhöhung der Erbschaftssteuer versagen. Und flankierend stichelte Fraktionschef Peter Struck, in der Union drohten »einige durchzudrehen«, wofür ihm, wie erhofft, reichlicher Wochenend-Widerhall in Presse, Funk und Fernsehen beschieden war. Die schnöde-schlichte Berliner Wirklichkeit aber sieht offenbar bis auf weiteres ganz anders aus: Das Führungspersonal beiderseits »kann« nach wie vor gut miteinander. Und solange das anhält, will und wird nach heutigem Ermessen wohl keiner der beiden Partner die schwarz-rote Regierungsehe aufkündigen.
Auch im Blick auf die nächsten Kommunal- und Landtagswahlen scharrt nach derzeitiger Stimmungslage die SPD-Basis sicherlich schon kräftiger mit den Füßen als das Parteivolk von CDU und CSU. Denn während Kurt Beck sich erst noch partei- und publikumswirksam positionieren muss, tut Kanzlerin Angela Merkel, die unumschränkte Nummer 1 ihrer Farben, genau das, was einst ihr Amtsvorgänger Gerhard Schröder sich zur Generallosung erkoren hatte: Sie erstrebt und praktiziert ein zunehmend selbstsicheres »Durchregieren«.
Daran hat die SPD sichtlich zu knacken. Doch nicht nur deshalb legen sich Peter Struck, Kurt Beck und auch Franz Müntefering so lautstark kämpferisch ins Zeug. Beide nämlich - SPD und CDU/CSU - werden den Bürgern plausibel erklären müssen, für welche sinnreichen (Zukunfts-)Zwecke sie den unerwartet riesigen Steuergeld-Segen verwenden wollen, den »Vater Staat« in den nächsten Jahren zu erwarten hat, sofern nicht alle Zeichen trügen.
Schön, dass Deutschland dies beschieden ist. Doch es genügt nicht, die horrende jährliche Neuverschuldung drastisch abzubauen: Immer noch unvermindert schwellen die Zinslasten an, weil die Staatsschulden nicht getilgt, sprich: seriös zurückgezahlt (!) werden.
Das aber ist eine unvertretbar schwere Hypothek für den Staat, für die Bürger, die ihn »ernähren«, und für künftige Generationen.

Artikel vom 30.04.2007