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Borkenkäfer rüsten zum Angriff

Forst-Experten warnen vor einer Plage mit »biblischen Ausmaßen«

Münster (dpa) Käfer-Alarm in Deutschland: Die warmen Tage im April haben den Borkenkäfer in den Wäldern frühzeitig mobilisiert. »In den Wäldern tickt eine Zeitbombe. Uns droht diesen Sommer eine Borkenkäferplage von biblischen Ausmaßen«, warnte die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände, Ute Seeling.
Forstarbeiter sind derzeit damit beschäftigt, das »Kyrill«-Sturmholz so schnell wie möglich aus dem Wald zu beseitigen. Hier ist die ideale Brutstätte für Borkenkäfer (kleines Bild), die sich rasend schnell vermehren. Fotos: dpa

»Wir haben landesweit die Anflüge der Tiere«, sagte Mathias Niesar, Fachmann für Wald- und Forstschutz beim Landesbetrieb Wald und Holz in Münster. Das Wetter sei günstig für den Borkenkäfer, und das beim Orkan »Kyrill« angefallene Sturmholz sei eine ideale Brutstätte. In vier bis sechs Wochen brächten die Tiere die erste Generation von Nachkommen hervor. Erst dann könne die Befallsintensität des Orkanholzes eingeschätzt werden.
Borkenkäfer sind Schädlinge, die in den von ihnen befallenen Bäumen die Nährstoffbahn unterbrechen, was zu deren Absterben führt. Ist ein Baum befallen, kann er nicht mehr gerettet werden. Er muss gefällt und so schnell wie möglich aus dem Wald geschafft werden.
Daher sollten die Förster schnell reagieren, um eine Ausbreitung zu verhindern. Darüber hinaus werde versucht, mit Hilfe von Lockstoff-Fallen die Käfer von den Bäumen wegzubringen.
»Normalerweise findet der Anflug der Käfer Anfang Mai statt«, sagte Niesar. In diesem Jahr seien sie wegen des warmen Wetters aber gut zwei Wochen früher aufgetaucht. »Das liegende Holz wird zuerst angeflogen« Doch auch die durch Wassermangel unter Stress stehenden Bäume könnten nicht schnell genug Harz produzieren, um das Eindringen der Tiere in die Rinden abzuwehren. Kritisch könne die Situation werden, wenn der Regen weiter ausbleibe. »Dann haben die Fichten nicht mehr genügend Widerstandskraft für eine wirksame Verteidigung.«
Der Experte sagte weiter: »Gießen können wir nicht, und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wollen wir nicht. Daher bleibt nur die sofortige Aussortierung befallener Bäume als wirksamstes Mittel.«
»Mit dem, was jetzt abläuft, haben wir aber gerechnet«, betonte Niesar. Je nach Verlauf von Frühjahr und Sommer könnten die Tiere bis zu drei Generationen von Nachkommen hervorbringen - in normalen Jahren seien es lediglich zwei Generationen.
Niesar sagte, in den Wäldern des Landes seien Hunderte von Arbeitern mit einer Vielzahl von Maschinen mit den Aufräumarbeiten nach dem Orkan beschäftigt. Dabei würden beim Einsatz der Kräfte gezielt Prioritäten gesetzt: Unter anderem würden Nadelholz vor Laubholz und Südhänge vor Nordhängen abgeräumt.
Auch würden zunächst kleinere Flächen vor größeren aufgearbeitet. Dies solle verhindern, dass die Borkenkäfer bei der Suche nach Futter von kleinen Schadflächen auf nahe, nicht beschädigte Bestände übergehen. »In vier bis sechs Wochen, wenn die erste Borkenkäfer-Generation draußen ist, werden wir gegebenenfalls die Prioritäten neu fassen«, sagte Niesar.
Bundesweit gibt es etwa 120 Borkenkäferarten. Bei starkem Befall von mehr als 400 Käfern stirbt der Baum ab.
www.forstschutz.nrw.de

Artikel vom 30.04.2007