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Berliner Gymnasiasten
betreuen Bethelbewohner

Sozialpraktikum seit 15 Jahren Tradition


Bethel/Berlin (WB). »Vergesst mich ja nicht! Und lasst eure Adressen hier!« Ursula Zierl, 77 Jahre, umfasst sanft das Handgelenk von Johanna Blum und schaut die beiden jungen Frauen erwartungsvoll an. Johanna Blum und Sandra Böhme, Schülerinnen des Evangelischen Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin-Wilmersdorf, sind der geistig behinderten Bewohnerin von Haus Emmaus in Bielefeld-Bethel in nur zwei Wochen ans Herz gewachsen. Die beiden Schülerinnen haben jetzt in Bethel ein Sozialpraktikum absolviert - das ist seit 15 Jahren Tradition an ihrer Schule.
Ursula Zierl wird die beiden Praktikantinnen vermissen, die sich in den letzten Tagen so intensiv mit ihr beschäftigt und ihr viele schöne Stunden bereitet haben. Sie waren zusammen spazieren, haben viel geplaudert und Spiele gespielt. »Es ist unheimlich schön zu sehen, wie dankbar die Menschen hier sind und wie sehr sie sich freuen, wenn man ihnen zum Beispiel beim Essen hilft«, schildert die 17-jährige Sandra Böhme ihre Eindrücke.
Insgesamt 35 Schüler der 11. Klassen wohnten für 14 Tage in der Ortschaft Bethel und sammelten in Einrichtungen der Bodelschwinghschen Anstalten Bethel Erfahrungen im Umgang mit behinderten Menschen. »Sie sollten eventuell vorhandene Berührungsängste abbauen und auch begreifen, dass die eigene Gesundheit nicht selbstverständlich ist«, erläutert Lehrer Dr. Jörg Rühlmann. Seine Schule sei dankbar für den engen Kontakt zu dem diakonischen Unternehmen. »Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Sozialpraktikum in Bethel gemacht. Die Schüler sind jedes Mal tief beeindruckt von dem, was sie mit den behinderten Menschen in Bethel erleben.«
Die 17-jährige Johanna Blum räumt ein, dass sie der Umgang mit den behinderten Menschen am Anfang Überwindung gekostet habe. Auch die Verständigung sei in den ersten Tagen mit einigen geistig schwerer behinderten Bewohnern schwierig gewesen. Doch die Gesichter der netten Praktikantinnen waren den Bewohnern schnell vertraut, und die Erfolgserlebnisse ließen nicht lange auf sich warten. »Inzwischen helfe ich mit dem Löffel beim Essen. So etwas hätte ich mir vor zwei Wochen sicherlich noch nicht zugetraut«, freut sich Johanna Blum.

Artikel vom 28.04.2007