28.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Politik muss sagen, was sie will

Stadtwerke-Chefs fordern in der Kraftwerksdebatte mehr Sachlichkeit

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). »Mehr Sachlichkeit« wünschen sich die Stadtwerke-Geschäftsführer Friedhelm Rieke und Wolfgang Brinkmann in der Debatte um das geplante neue Heizkraftwerk an der Schildescher Straße. Und sie erwarten eine eindeutige Stellungnahme der Politik.

»Der Rat muss sagen, was er will«, betonte Brinkmann am Freitag. Sollte sich dort eine Mehrheit für ein Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk finden, »werden wir auch das bauen«, sagte der Stadtwerke-Chef. »Wenngleich es nicht die wirtschaftlichste Variante ist«, wie sein Kollege Rieke ergänzte.
Es sei Aufgabe der Geschäftsführung, die optimale Lösung zu präsentieren. »Und das ist ein kohlebefeuertes 100-Megawatt-Heizkraftwerk«, erklärte Brinkmann. Über die Kraft-Wärme-Kopplung und den bestehenden Verbund mit der MVA biete es die Möglichkeit, einen Teil der Stromversorgung für die Stadtwerke zu übernehmen und gleichzeitig das Fernwärmenetz, das vom Kraftwerk gespeist werden soll, zukunftsfähig auszubauen.
Bei einer gasbefeuerten Variante ergäben sich angesichts der vorhergesagten Entwicklung der Rohstoff- und Strommärkte schlechtere Ergebnisse als bei einer kohlenbefeuerten Anlage. Die Abhängigkeit vom Brennstoff Gas berge angesichts der beschränkten Erdgasreserven und deren Lage in politisch sowie wirtschaftlich instabilen Gebieten erhebliche Preis- und Verfügbarkeitsrisiken.
Rieke und Brinkmann warnten davor, den Neubau nur unter dem Gesichtspunkt des Kohlendioxidausstoßes und der Baukosten zu betrachten. Ein neues Kohlekraftwerk soll 160 Millionen Euro kosten, senkt aufs Gesamtunternehmen betrachtet den CO2-Ausstoß um 110 000 Tonnen oder 13 Prozent. Ein gasbefeuertes Kraftwerk würde bei CO2 eine Einsparung von 280 000 Tonnen bewirken und nur gut die Hälfte kosten, dafür sei die Wirtschaftlichkeit deutlich schlechter. »Die Verbraucher würden draufzahlen.«
Die Debatte um den von den Stadtwerke-Eignern Stadt Bielefeld und Stadtwerke Bremen gekippten Finanzierungsvorschlag halten die Stadtwerke-Chefs für zweitrangig. Brinkmann: »Ich finde es nur merkwürdig, dass die Stadt möglichst wenige Kredite aufnehmen will, wir aber Schulden machen sollen.« Wenn über einen begrenzten Zeitraum statt 100 nur 85 Prozent Gewinn ausgeschüttet werde, dann sei das selbst im Vergleich mit Unternehmen, die ausschließlich am Shareholder Value orientiert seien, ein »extrem hoher« Wert.

Artikel vom 28.04.2007