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Franzosen schlucken Entsorger Sulo

Veolia-Gruppe zahlt 1,45 Milliarden Euro für Herforder Traditionsunternehmen

Von Edgar Fels
Herford/Hamburg (WB). Nur dreieinhalb Jahre nachdem die Finanzinvestoren Apax und Blackstone den Müllentsorger Sulo (weltweit 8000 Mitarbeiter) gekauft haben, wird das Herforder Traditionsunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg nun erneut geschluckt. Die französische Veolia-Gruppe hat das Bieterrennen gegen den Berliner Alba-Konzern gewonnen. Die Franzosen zahlen 1,45 Milliarden Euro für Sulo.
Bleibt dem Konzern erhalten: Jürgen Rauen.

Mittelfristig soll der Firmenname Sulo - abgesehen vom Schriftzug auf den Müllbehältern - verschwinden. Die europäischen Wettbewerbsbehörden müssen dem Kauf noch zustimmen.
Veolia-Chef Henri Proglio begründete den Einstieg in den lukrativen deutschen Müllmarkt mit der fortschreitenden Konsolidierung hier zu Lande. Als weiteren Grund nannte der Generaldirektor der Umweltsparte, Denis Gasquet, die wachsende Zahl öffentlicher Ausschreibungen in den Bereichen Müllentsorgung und Recycling. Auch die Öffnung der »Grüner-Punkt«-Firma Duales System Deutschland (DSD), die der Beteiligungsgesellschaft KKR gehört, spiele ein Rolle. Medienberichten zufolge ist Veolia auch an DSD interessiert.
Sulo sammelt und verwertet Haus- und Gewerbeabfälle, stellt aber auch selbst Mülltonnen und Container her. In Deutschland betreut Sulo gut 100000 Kunden. Größter deutscher Entsorger ist Remondis aus Lünen.
Die Übernahme kommt für die Herforder nicht überraschend. Sulo-Geschäftsführer Jürgen Rauen (60) hatte bereits vor einem Jahr angekündigt, das Unternehmen werde entweder an die Börse gebracht oder an einen »strategischen Partner« verkauft. Die beiden Eigentümer Apax und Blackstone, in deren Zeit sich der Sulo-Umsatz auf 1,3 Milliarden Euro verdoppelte und die Zahl der Mitarbeiter von 5000 auf etwa 8000 anstieg, wollten nun für ihre Investoren Kasse machen. Kreisen zufolge haben sie einen Gewinn von mehreren hundert Millionen Euro gemacht.
Mit dem Kauf von Sulo, der Nummer zwei im deutschen Entsorgungsmarkt seit dem Zusammenschluss vor einem Jahr mit dem Konkurrenten Cleanaway, hat sich Veolia (in 67 Ländern knapp 300 000 Mitarbeiter) auf einen Schlag eine starke Marktstellung in Deutschland im Bereich Müllentsorgung und Recycling verschafft. So steigt der Umsatz der Veolia-Sparte Umweltservice in Deutschland von zwei auf künftig 16 Prozent. Das sind 1,5 Milliarden Euro. Mit Sulo strebe Veolia weiteres Wachstum an.
»Wir haben unseren Wunschpartner gefunden«, kommentierte Jürgen Rauen in einer eiligst einberufenen Pressekonferenz am Freitag in Hamburg die Übernahme. Sulo, Spezialist bei der stofflichen Verwertung von Abfallprodukten, und Veolia, die ihren Schwerpunkt auf Müllverbrennung haben, ergänzten sich ausgezeichnet. Rauen, der künftig für die Franzosen das Geschäft in Deutschland und Osteuropa verantwortet, sieht seine Vision, den Wertstoffkreislauf zu schließen, ein Stück näher gerückt. »Wertstoffe sind die Ressourcen von morgen.«
Die 700 Sulo-Beschäftigten in Herford, die am Freitagvormittag von dem Verkauf informiert wurden, müssten keine negativen Auswirkungen befürchten, sagte Rauen dieser Zeitung. Der Konzern halte am Standort in Ostwestfalen fest. Im laufenden Geschäftsjahr würden fünf Millionen Euro in Anlagetechnik investiert. Rauen ergänzte, Sulo schreibe operativ »tiefschwarze« Zahlen. 2006 lag das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen bei 180 Millionen Euro. Allerdings ist Sulo mit 950 Millionen Euro hoch verschuldet. Veolia habe die Schulden übernommen. Sie sind im Kaufpreis enthalten, so dass unter dem Strich 500 Millionen Euro an Apax und Blackstone fließen werden.
Der an der Börse notierte Veolia-Konzern hat im vergangenen Jahr 28,6 Milliarden Euro umgesetzt, davon allein knapp zwei Milliarden Euro in Deutschland, und ist damit um ein Vielfaches größer als Sulo. Die vier Geschäftsbereiche von Veolia sind Wasser (Umsatz: 10,1 Milliarden Euro), Energiedienstleistungen (6,1 Milliarden), Transport/Verkehr (4,9 Milliarden) und Umweltservice (7,5 Milliarden). Knapp die Hälfte des Umsatzes macht Veolia in seinem Heimatland Frankreich. Der in Deutschland erzielte Anteil am Konzernumsatz werde auf zehn Prozent steigen.
Das 1892 gegründete Herforder Unternehmen Sulo befand sich bis zum Jahr 2004 in Familienbesitz. Der Name Sulo, der jetzt noch auf vielen Müllfahrzeugen steht, dürfte nach und nach verschwinden. Genauere Angaben machte die französische Seite nicht.

Artikel vom 28.04.2007