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Jung: Wir brauchen die Wehrpflichtigen

Bundeswehr feiert Jubiläum - 1000 Rekruten legen in Augustdorf feierliches Gelöbnis ab

Von Dirk Schröder (Text)
und Stefan Hörttrich (Fotos)
Augustdorf (WB). Als Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) gestern im lippischen Augustdorf zu 1000 Rekruten aller drei Truppengattungen anlässlich des feierlichen Gelöbnisses sprach, wurden bei ihm auch Erinnerungen an sein eigenes Gelöbnis wach, das er 1968 ablegte.
Gefreite Alex Popenauer (l.) und Alex Hermann in alten Kampfanzügen.
Er sei der erste Verteidigungsminister, der den Wehrdienst abgelegt hat, erklärte Jung nach der Zeremonie beim Rundgang durch durch eine Ausstellung, die einen Streifzug durch fünf Jahrzehnte Bundeswehr zeigte. »Ich habe meine Wehrdienstzeit als zusätzliche Bereicherung, auch an Lebenserfahrung, empfunden.«
Das Kasernengelände der Panzerbrigade 21 platzte gestern aus allen Nähten. Schon auf den Zufahrtsstraßen vor der Hauptwache bildeten sich lange Autoschlangen. Der Standort Augustdorf war für das »Jubiläums«-Gelöbnis ausgesucht worden und fast 4000 Angehörige der vor gut drei Wochen eingezogenen Rekruten wollten sich dies Ereignis nicht entgehen lassen. Jung: »Augustdorf war vor 50 Jahren einer der ersten Standorte, an dem Wehrpflichtige ihren Dienst absolvierten.«
»Sie halten den Grundbetrieb der Bundeswehr im Inland am Laufen«, rief Jung den 1000 Rekruten aus den Standorten Augustdorf, Ahlen und Rotenburg/Fulda (alles Heer) sowie Plön (Marine) und Goslar (Luftwaffe) zu. Und nur mit den Grundwehrleistenden könnte man die »Durchhaltefähigkeit unserer Streitkräfte in den Auslandseinsätzen gewährleisten«.
Der Minister legte noch einmal ein ausdrückliches Plädoyer für die Wehrpflicht ab. Die Streitkräfte müssten sich auch in Zukunft darauf verlassen können, das Personal zu bekommen, das sie für ihre schwierigen Aufgaben benötigen. Jung: »Fast 40 Prozent unserer Zeit- und Berufssoldaten waren zunächst Grundwehrleistende.«
Der Minister wollte sich gestern das feierliche Ereignis, zu dem auch die Sonne vom Himmel strahlte, nicht durch die just an diesem Tag veröffentlichte Studie des Bundeswehrverbandes - einer Art Gewerkschaft der Soldaten - vermiesen lassen. Man werde die Ergebnisse der Studie untersuchen und werde gegebenenfalls Konsequenzen ziehen. Jung warnte aber auch davor, die Studie, die zunehmende Unzufriedenheit unter den Berufssoldaten festgestellt hat, überzubewerten. Jung: »Sie ist nicht repräsentativ. Nur 25 000 der 250 000 Bundeswehrsoldaten seien gefragt worden. Der Minister wies vielmehr darauf hin, dass mehr als 70 Prozent die Arbeitsbedingungen und die Entwicklungsmöglichkeiten als gut empfinden. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan ergänzte: »Bei einer schlechten Stimmungslage könnten die Soldaten nicht diese Leistungen bringen.« Jung räumte jedoch ein, die Studie zeige, dass die Bundeswehr weiterer Unterstützung durch die Politik bedürfe.
Beim Rundgang durch die Ausstellung schmunzelte der General angesichts des ersten Kampfanzuges von vor 50 Jahren, den der Gefreite Alex Propenauer trug: »Eine tragbare Heimsauna.« Dem konnte Hugo Fischer nur zustimmen. Der 69-Jährige gehörte zu den Rekruten, die am 1. April 1957 eingezogen worden sind. Zunächst sieben Wochen in der Lüneburger Heide, dann wurden sie nach Augustdorf verlegt, wo er bis heute »hängen geblieben« ist. Es habe sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten alles geändert. Die Ausrüstung sei viel besser geworden. Fischer: »Wir haben auf dem M47 das Panzerfahren gelernt. Zum Glück sind wir nie auf den Feind getroffen. Mit dem M47 war nicht viel zu gewinnen.«

Artikel vom 27.04.2007