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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrer i.R. Hans-Joachim Feldmann

Hans-Joachim Feldmann ist Pfarrer im Ruhestand.

Das biblische Reich Israel hatte nur für wenige Jahrzehnte auf der Weltbühne existiert. Denn erst dem späteren König David (1004-965 v. Chr.) war es gelungen, die südlichen und nördlichen israelitischen Stämme zu einer politischen Einheit, einem Gesamtisrael, zusammenzufügen. So konnte er es seinem Sohn und Nachfolger Salomo übergeben, der von 965 bis 926 v. Chr. regierte.
Doch dieser Zustand währte nicht lange. Denn sofort nach Salomos Tod zerfiel das Königreich wieder in seine zwei bisherigen Teile: das größere Nordreich, das nunmehr allein den Namen »Israel« führte, und kleinere Südreich, welches nun »Juda« hieß. Daraus hat sich später die Bezeichnung für die »Juden« entwickelt. Eine geschichtliche Bedeutung aber sollte keines der beiden Gebiete jemals zurückerlangen.
An diesem Zerfall und an dieser Teilung war der König Salomo selbst nicht unschuldig gewesen. Denn für seine üppige Bautätigkeit und Prachtentfaltung hatte - wie immer in der Geschichte - das Volk zahlen und bluten müssen. Bereits gegen Ende seiner Amtszeit verstärkte sich jedoch der Widerstand dagegen, und einer seiner Fronvögte, der aus dem Norden stammende Jerobeam, war, wenn auch noch vergeblich, schon so weit gegangen, den Aufstand gegen den immer mehr verhaßten Herrscher zu wagen.
In ruhigeren Zeiten wäre die Dynastie nach Salomos Tod ohne Schwierigkeiten auf dessen Sohn Rehabeam als rechtmäßigen Thronnachfolger übergegangen. Doch die Zeiten hatten sich geändert. Vermutlich war Rehabeam selbst schon nervös geworden, weil ihm schwante, daß es massive Probleme geben werde. Zudem gab es laute Forderungen aus dem Volk, der neue König solle von Abgaben und Frondiensten entlasten und darüber eine klare Aussage machen. Wie sollte sich Rehabeam dazu verhalten?
Unsicher, wie er war, suchte er sich darüber Rat, und das war klug von ihm. Doch daß er am Ende den falschen Ratgebern sein Ohr lieh, sollte der entscheidende Fehler seines Lebens werden und ihn den größten Teil seiner Herrschaft kosten.
Zunächst suchte er freilich die Erfahrenen auf, welche schon Salomo gedient hatten. Die rieten, sich dem Wunsch der Untertanen nicht zu verschließen und es den Menschen leichter zu machen. Dann würden sie ihn als König verehren und ihm gern untertan sein. Rehabeam aber mag befürchtet haben, die Leute könnten solche Nachgiebigkeit mit Schwäche verwechseln und versuchen, ihm auf der Nase herumzutanzen.
Deswegen holte er ein Gegengutachten ein, diesmal bei seinen Altersgenossen. Die aber kannten nur eines, nämlich Härte zu zeigen und keinen Millimeter zurückzuweichen. Er solle den Leuten sagen: »Mein Vater hat auf euch ein schweres Joch gelegt, ich aber willĂ•s euch noch schwerer machen. Mein Vater hat euch mit Peitschen gezüchtigt, ich aber will euch mit Skorpionen ( das sind mit Stacheln versehene Geißeln, d. Verf.) züchtigen« (1. Kön. 12, 11).
Es war das Verhängnis Rehabeams, diesen Heißspornen zu folgen. Denn die nördlichen Stämme sagten sich von ihm los und machten den Parvenü Jerobeam zu ihrem König. Das ehemals vereinigte Israel hatte damit aufgehört zu existieren, und keines der beiden wieder getrennten Teile fand seitdem je wieder zu politischer Bedeutung zurück.
Über das rein Historische hinaus hat diese Geschichte aber auch grundlegende Geltung: Gott hat den Menschen nicht als Sklaven geschaffen und will nicht, daß er so behandelt wird oder sich so behandeln läßt. Die Herrschaft von Menschen über Menschen entspricht nicht Gottes Willen. Daher trägt sie den Keim ihres Scheiterns immer schon in sich, mag es über lange Strecken auch manchmal anders scheinen. Die Bibel ist grundsätzlich herrschaftskritisch. Was ihr vorschwebt, ist nicht Anarchie, wohl aber, daß der Mensch seine Grenzen und seine Verantwortung vor Gott erkennt.

Artikel vom 28.04.2007