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Streit um die Gewinne
in der Möbelindustrie

Gewerkschaft: Produktivität in den Firmen gestiegen

Von Edgar Fels
Herford (WB). Für die 40000 Beschäftigten der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie in Westfalen-Lippe fand am Freitag die erste Tarifverhandlung in Herford statt. Ein Ergebnis wurde erwartungsgemäß nicht erzielt.

Die Gewerkschaft fordert Einkommensverbesserungen in Höhe von 6,5 Prozent. Die Arbeitgeber legten kein Angebot vor. Die zweite Verhandlungsrunde findet nun am 14. Mai statt. Kommt es auch dann nicht zu einer Einigung, werde die IG Metall die Tarifverhandlungen für gescheitert erklären und die Schichtungsstelle anrufen. Warnstreiks seien dann von Juni an möglich. Das kündigte IG-Metall-Verhandlungsführer Karsten Kaus an.
Die Forderung von 6,5 Prozent hält Kaus angesichts der ihm vorliegender wirtschaftlicher Zahlen in der Branche für gerechtfertigt. Allein in den Monaten Januar und Februar hätten die Möbelhersteller elf Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet. Zudem liege die Produktivität gemessen am Umsatz je Beschäftigten um 60 Prozent über dem Niveau von 1995. Kaus: »Entsprechend sind auch die Kosten für Löhne und Gehälter in den zehn Jahren gesunken; pro Euro Umsatz geben die Arbeitgeber heute 30 Prozent weniger für Lohn und Gehalt aus als 1995.«
Der Gewerkschafter beruft sich dabei auf Zahlen des Landes- und Bundesamtes für Statistik. Auch wenn die Unternehmer höhere Preise für Rohstoffe beklagten, so könne sich Kaus nicht vorstellen, dass der Gewinn der Betriebe zurückgegangen sein soll.
Tatsächlich operieren beiden Seiten mit unterschiedlichen Zahlen, wenn es um die Höhe des Gewinns geht. Die Arbeitgeber sprechen Kaus zufolge von 1,5 Prozent Gewinn und berufen sich dabei auf Zahlen der Bundesbank.
Das könne aber nicht stimmen. Die neueste Bilanzstatistik, die aus dem Jahr 2004 datiert, nenne für die Möbelindustrie 2,5 Prozent und nicht 1,5 Prozent Jahresergebnis netto vom Umsatz. Für Holz würden zwei Prozent ausgewiesen. Kaus: »Hier soll der Eindruck erweckt werden, dass Holz und Möbel schlechter dastehen als alle anderen Branchen.«
Der Bundesbank zufolge liege der Gewinn der verarbeitenden Industrie im Schnitt bei 2,4 Prozent. Dies sei weniger als die Möbelindustrie mit 2,5 Prozent vom Umsatz. Höhere Kosten bei der Produktion würden zudem an den Handel weitergegeben. Der Erwartungsdruck bei den Beschäftigten ist groß, sagte Kaus weiter. Zumal die effektiven Stundenlöhne aufgrund verlängerter Arbeitszeiten im Holzgewerbe um 1,8 Prozent und in der Möbelindustrie um etwa ein Prozent gesunken seien. »Die Beschäftigten haben verzichtet. Jetzt, wo es gut läuft, müssen sie teilhaben.«
In der Tarifrunde 2006 hatten die Beschäftigten 2,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt erhalten. Zudem eine Einmalzahlung von 350 Euro. Damals war die Gewerkschaft mit einer Forderung von 4,5 Prozent ins Rennen gegangen. Kaus lässt keinen Zweifel daran, dass er für die Beschäftigten in diesem Jahr einen deutlich besseren Lohnabschluss herausholen möchte.

Artikel vom 30.04.2007