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Achilles und die Cherusker-Taktik

Hajo Schumacher liest sich Mut an und läuft mit: ohne Hirn, aber mit Herz

Von Hans Peter Tipp
(Text und Foto)

Bielefeld (WB). Die (Läufer-)Messe war am Waldhof bereits gelesen, da stürmte noch ein Mann mittleren Alters in den Klassenraum der 5b.
Achilles' Anhänger: Der Berliner Journalist Hajo Schumacher signiert in Bielefeld seine Verse.
»Ich wollt' nur mal wissen, wie der Kerl aussieht«, rief der Zuspätgekommene in die Runde, schüttelte dem Angesprochenen forsch die Hand, um sogleich den Rückwärtsgang einzulegen. Er wäre besser etwas früher gekommen, zum Hören statt zum Sehen.
Denn der Kerl, das war der Berliner Journalist Hajo Schumacher, der als Achim Achilles wöchentlich bei Spiegel-Online anspricht, was Deutschlands Läuferseele wirklich bewegt. Seitgestern ist Achilles, der genaue Beobachter, hintersinnige Wortakrobat und tapfere Langstreckler auch Hermannsläufer. Mit richtiger Startnummer.
Während der Läufermesse und Startnummernausgabe las Schumacher aus seinem ersten Buch »Achilles' Verse« - einem Sammelwerk seiner besten Kolumnen. Schrulliges, Besonderes, Auffälliges, Wundersames, selbst das anscheinend Normale entgeht seinem Auge nicht. Doch was ist schon normal? Beim Laufen nichts, und der Hermann schon mal gar nicht.
Für Achilles ist er die Tour de France Ostwestfalens und ein Wettbewerb mit »wilden Tieren, Wildschweinen, Wölfen und Walkern«, wie er jüngst schrieb. Apropos Walker: »Man hört sie schon von weitem am Schrappen ihrer Stöcke«, für diese Überschrift erhielt Schumacher Samstag den ersten Szenenapplaus.
Er trifft aber nicht nur mit kleinen Gemeinheiten gegen den »stöckelnden« Feind zielsicher die Pointe. Wenn Achilles beschreibt, wie er zu Hause auf das ultimative Läufer-Weihnachtsgeschenk hofft, oder von den Erlebnissen rund um seinen ersten Marathon berichtet, erkennt jeder Läufer mindestens einen sehr guten Bekannten wieder, manchmal sogar sich selbst.
Obwohl der gebürtige Münsteraner seit den Klassenausflügen zum Hermannsdenkmal ausführlich mit der Topographie des Teutos vertraut ist, hatte er sich von einer jetzt in Bielefeld ansässigen Schulfreundin zum Hermannslauf überreden lassen.
Am Samstag hatte er das noch bedauert (»Total schlecht trainiert«) und beim Signieren seiner Bücher standhaft den »27.4.« notiert, weil man sich dann ja noch einen Tag länger vorbereiten könne. Für den Lauf hatte sich Achilles die »Cherusker-Taktik« zurecht gelegt: »Ohne Hirn, aber mit Herz«. So habe Arminius die Römer verjagt, so stürme schließlich »Arminia in die zweite Liga zurück«. Also müsse man damit doch auch den Hermannslauf überstehen. So geschah es dann auch: In 3:12:38 Stunden erreichte Achilles das Ziel. Ob dabei alles wie geplant »schmerzfrei und bielefeldisch« verlaufen ist, wird von morgen an unter Spiegel-Online zu lesen sein.

Artikel vom 30.04.2007