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Keine Scheu
vor typischen
Männerberufen

Mädchen-Zukunftstag »Girls' day«

Von Hendrik Uffmann
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Wie es ist, in typischen Männerberufen zu arbeiten, das konnten Bielefelder Schülerinnen gestern beim Mädchen-Zukunftstag »Girls' day« ausprobieren. Einen Tag lang waren sie in Unternehmen unterwegs oder besuchten die zentrale Veranstaltung in Bielefeld in der Ravensberger Spinnerei.

Dort gab es in diesem Jahr zum vieren Mal einen Berufsparcours, bei dem Firmen und städtische Betriebe einen Einblick in 23 Berufe ermöglichten. Nicht nur »fragen und anschauen«, sondern vor allem »selbst mitmachen« hieß es an den Stationen. Für viele der 400 Mädchen aus den Klassen fünf bis zehn, die zur Raspi gekommen waren, bedeutete dies ganz neue Erfahrungen. »Ich hab' das erste Mal mit einer Säge gearbeitet«, sagte Melissa (13), die sich am Stand des Städtischen Umweltbetriebs über den Beruf des Forstwirtes informierte und gemeinsam mit Tugba (13) ein Stück von einem Baumstamm absägte.
Wie ein Kompressor funktioniert und man ein Magnetventil zerlegt - und auch wieder zusammensetzt - das testete Angelika (14) am Stand der Firma Boge Kompressoren. Die Erklärungen dazu lieferte Björn Reese (18), der im zweiten Lehrjahr zum Industriemechaniker ist.
Von der Bauzeichnerin über Ingenieurin bis hin zur Vermessungstechnikerin reichte die Spanne der Berufe - für die sich immer noch wenige Frauen entscheiden, wie die städtische Gleichstellungsbeauftragte Ilse Buddemeier erklärte. »Obwohl Mädchen in vielen Fällen die besseren Schulabschlüsse haben, haben sie deswegen nicht automatisch auch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das Spektrum an Berufen, für die sich Mädchen entscheiden, ist immer noch wesentlich kleiner. Und dies sind meist schlechter bezahlte Tätigkeiten mit weniger Aufstiegsmöglichkeiten.«
Dabei seien die Mädchen wegen ihrer Fähigkeiten für viele Unternehmen aus technischen Branchen interessant. Einige Bielefelder Firmen nähmen deswegen regelmäßig am »Girls' day« teil. Die Veranstaltung in der Raspi, so Buddemeier, richte sich vor allem an Haupt- und Gesamtschulen und Mädchen mit Migrationshintergrund. »Es ist nicht für alle das Richtige, allein einen Tag lang in einem fremden Unternehmen zu verbringen«, so die Gleichstellungsbeauftragte.
Auch das WESTFALEN-BLATT beteiligte sich am »Girls' day«. Lisa Löwe (14) hatte sich im Schulunterricht über die Arbeit in einer Redaktion informiert und konnte diese so aus nächster Nähe kennen lernen. »Es ist interessant zu sehen, wie alle Nachrichten zusammengetragen werden und dann in die Zeitung kommen«, so die Schülerin der Gertrud-Bäumer-Realschule.
Doch in der Raspi kamen gestern nicht alle Mädchen auf den Geschmack. So war für Senna (13) auch nach dem »Girls' day« klar: »Ich möchte später gerne was mit Menschen machen, vielleicht als Altenpflegerin oder Erzieherin.«
Damit auch Jungs andere Berufsperspektiven entdecken, gab es gestern an der Universität Bielefeld zum zweiten Mal parallel zum »Girls' day« einen Aktionstag speziell für sie. Dort waren etwa 30 Jungen aus allen Schulformen zu Gast. »Auch sie sollen sich von den Rollenklischees freimachen und eine breitere Palette an Berufsmöglichkeiten für sich entdecken«, erklärte Mehdi Salehi, Gleichstellungsbeauftragter des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses der Uni (AStA). In Workshops lernten sie die Aufgaben von Chemielaboranten, Tierpflegern in Klinik und Forschung, Mediengestaltern oder Verwaltungsangestellten kennen.

Artikel vom 27.04.2007