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Pastor Michael Geymeier kennt die Szene seit Jahren. Foto: Hülsegge

»Großrazzia an der
Stadthalle nutzt nichts«

Heilsarmee-Pastor wirbt für anderes Konzept

Bielefeld (hu). Eine Großrazzia gegen die Trinker- und Punkerszene an der Stadthalle wie am Dienstagabend (das WESTFALEN-BLATT berichtete) ist völlig unnütz. Dieser Meinung ist Michael Geymeier, Pastor der Heilsarmee, der die Szene seit Jahren betreut.

»So lange es keine wirkliche Alternative zu dem Gelände an der Stadthalle gibt, gibt es für die Leute dort keinen Grund, woanders hinzugehen«, sagt Geymeier. Nach dem neuen Konzept der Stadt soll der Pastor, wie berichtet, die Szene auf dem Gelände an der Schildescher Straße am Viadukt betreuen.
Dort stehe er jedoch jeden Nachmittag und Abend alleine, doch die Klientel bleibe aus. Ein Grund dafür sei, dass er sich dort erst nach 17 Uhr aufhalten dürfe - dies sei viel zu spät. »Außerdem muss es dort ein wirkliches Angebot geben«, sagt Geymeier.
Ein Konzept, um den Ausweichstandort für die Szene attraktiv zu machen, habe er schon lange vorliegen; erst gestern habe er dieses dem Bielefelder Sozialdezernent Tim Kähler vorgestellt. »Ich möchte den neuen Standort zu einer Anlaufstelle für Ein-Euro-Jobs machen. Etwa zehn Leute aus der Szene sollen dort die Bewirtschaftung und Betreuung vornehmen«, nennt er das Ziel. Dafür sollen nach seine Vorstellungen von 10 Uhr bis in die Abendstunden Biergarten-Garnituren mit etwa 100 Sitzplätzen aufgestellt werden; die Ein-Euro-Kräfte könnten in Eigenregie Kaffee und Tee ausschenken. »Außerdem könnten wir Motivationstraining und Anti-Aggressionstraining durch qualifizierte Sozialarbeiter anbieten«, erläutert der Pastor. Um eine Belästigung von Passanten und Anwohner zu verhindern, sollen mindestens drei Ein-Euro-Kräfte für die Ordnung zuständig sein.
Bei der Stadt stoße dieses Konzept jedoch weiter auf Ablehnung, sagt Geymeier - auch im gestrigen Gespräch. Dennoch will Michael Geymeier nicht locker lassen. Denn für ihn ist klar: »Eine solche Szene kann man nicht vertreiben, das hat noch in keiner Stadt funktioniert. Man muss ihr ein gutes Angebot machen.«
Geschehe dies nicht, verlagere sich die Szene von der Stadthalle in eine Richtung, die niemandem recht sein könne, befürchtet der Pastor: »Dann gehen die Leute in die Innenstadt.«

Artikel vom 26.04.2007