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Druck auf Energiekonzerne wächst

Regierung fördert Konkurrenz - Gericht stärkt Bundesnetzagentur

Berlin/Essen (ddp/dpa). Der Preisdruck auf die deutschen Energiekonzerne wächst. Die Bundesregierung brachte gestern eine Reihe von Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise auf den Weg, das Landgericht Düsseldorf stärkte der Netzagentur den Rücken.
Durch Festlegung von Höchstpreisen dürfen Anbieter von Strom und Gas künftig ohne Nachweis keine Preise mehr fordern, die unangemessen weit über den Erzeugungskosten liegen. »Damit können die Kartellbehörden effektiver gegen missbräuchliche Strom- und Gaspreise vorgehen«, sagte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) nach einem Kabinettsbeschluss.
Kraftwerke neuer Anbieter sollen zudem in den nächsten vier Jahren ihren Strom bevorzugt in die Leitungsnetze der Marktführer E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall einspeisen dürfen. Damit solle gewährleistet werden, dass Wettbewerber sich gegen die vier Platzhirsche behaupten könnten und in den nächsten Jahren ein Investitionsschub ausgelöst werde, sagte Glos. Die Regelung sei bis zum Jahr 2012 befristet, um dann zu prüfen, ob mehr Wettbewerb in Europa herrsche. E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall betreiben etwa 90 Prozent der Kraftwerke in Deutschland.
Die Strombranche protestierte gegen die Kostenkontrolle: Es drohten »politisch administrierte Strompreise«, sagte der Chef von Deutschlands zweitgrößtem Versorger RWE, Harry Roels.
Die Konzerne müssen auf Verlangen der Kartellwächter Kosten und Kalkulationen offen legen. Damit wird die Beweislast umgekehrt. Bislang mussten regelmäßig die Wettbewerbshüter die Kalkulation der Unternehmen durch langwierige Prüfungen selbst ermitteln. Die großen Stromkunden aus der Wirtschaft, Hersteller von Aluminium, Papier, Stahl oder Zement, begrüßten die Anstrengungen der Regierung. Die Situation bei Strom und Gas verdiene kaum den Namen Wettbewerb, teilte der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) mit.
Die FDP-Expertin Gudrun Kopp (Lage) warf der Koalition dagegen energiepolitischen Aktionismus vor. Anstatt die hohe Marktkonzentration auf der Stromerzeugungsseite zu beheben, würden staatliche Preiskontrollen eingeführt.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf kündigte gestern an, eine Beschwerde des Energieversorgers Vattenfall gegen die Anordnung niedrigerer Netzgebühren »weitgehend zurückweisen«. Das sagte der Vorsitzende Richter des 3. Kartellsenats, Wiegand Laubenstein, zu Prozessbeginn. Eine Entscheidung wird in etwa zwei Wochen erwartet. Kommentar

Artikel vom 26.04.2007