26.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Abi-Panne an Bielefelder Schule

Mathe-Klausur muss wiederholt werden - Zentral-Prüfungen enden heute

Bielefeld/Düsseldorf (WB/dpa). Zumindest eine Konsequenz werden die Pannen beim ersten NRW-Zentralabitur haben: Die Aufgabenkommissionen müssen die Klausuren, die sie den Schülern vorsetzen, künftig vorher selbst lösen. In Mathe müssen die Schüler der Bielefelder Gesamtschule Stieghorst »nachsitzen«.

»Wenn man die Arbeit selbst schreibt, fallen Fehler eher auf, als wenn man nur drüberliest«, sagte die für das Abitur zuständige Abteilungsleiterin im Schulministerium, Marietrud Schreven, gestern im Schulausschuss des Landtags.
Bei der Erstauflage des Zentralabiturs, dessen schriftliche Prüfungen heute enden, hatten die Kommissionen aus erfahrenen Lehrern offenbar nicht immer genau genug hingesehen. Eine falsches Wort in einem Barockgedicht war ihnen genau so durchgerutscht wie ein fehlerhaft beschriftetes Biologie-Diagramm und eine Abbildung mit Mängeln in der Chemie-Klausur.
Keiner der Fehler habe negative Folgen für die 64 000 Abiturienten gehabt, versicherte Schulministerin Barbara Sommer (CDU) im Ausschuss. Alle Aufgaben seien angemessen zu bearbeiten gewesen. Das zeigten auch die positiven Rückmeldungen der Schüler. Sie hätten die Aufgaben allgemein als fair empfunden.
Für einen Mathematik-Grundkurs der Gesamtschule Bielefeld-Stieghorst hat das Zentralabitur doch noch ein Nachspiel: Die Schüler müssen noch einmal zur Prüfung. Bei der Aufgabenstellung unterlief dem Lehrer ein Fehler - er forderte die Schüler auf, vier von sieben Aufgaben zu bearbeiten, obwohl sie nur drei hätten lösen müssen. Nach Angaben Dieter Spichals, des zuständigen schulfachlichen Dezernenten der Bezirksregierung, wird die Arbeit Ende Mai neu geschrieben. Der Lehrer habe keine Konsequenzen zu befürchten.
Pech hatten einige Abiturienten aus Köln: Ihrer Lehrerin war im Osterurlaub die Aktentasche mit den Erdkunde- und Kunstklausuren gestohlen worden. Sie müssen deshalb noch einmal antreten.
Das Fazit der Ministerin: »Das Zentralabitur ist gut gelaufen.« Für CDU und FDP hat die erste Runde des Zentralabiturs sogar erstaunlich wenige Pannen gebracht. Nur sechs Fehler in 700 Aufgaben, das sei »bemerkenswert wenig«, fand der CDU-Abgeordnete Michael-Ezzo Solf. Selbst in einem erfahrenen Zentralabitur-Land wie Baden-Württemberg gebe es mehr und gröbere Schnitzer bei der Aufgabenstellung. Die Opposition solle deshalb das Nörgeln einstellen und gemeinsam mit der Koalition »eine Dankwallfahrt nach Kevelaer machen«.
Die Opposition will nicht in die regierungsamtliche Zufriedenheit einstimmen. Ob die Schüler mit dem ersten Zentralabitur wirklich so zufrieden seien, wie Sommer behaupte, werde sich erst zeigen, »wenn die Benotungen vorliegen«, meinte SPD-Schulexpertin Renate Hendricks.
Der Vorsitzende des Philologenverbandes NRW, Peter Silbernagel, zeigte sich trotz der Pannen zufrieden: »Die Peinlichkeiten darf man nicht überspielen. Sie rechtfertigen aber kein Fehlurteil über die Umsetzung des ersten Zentralabiturs in NRW. Man sollte nicht die entscheidenden Maßstäbe verrücken und das Gesamtbild verzerren.«
Das Zentralabitur ist mittlerweile Standard in Deutschland; fast alle Bundesländer haben es eingeführt. Schleswig-Holstein will das System 2008 anwenden, nur Rheinland-Pfalz hält an dezentralen Prüfungen fest.
Die zentralen Prüfungen sollen laut Ministerin Sommer bessere Vergleichbarkeit der Schülerleistungen und mehr Prüfungsgerechtigkeit schaffen. Würden die einzelnen Schulen die Aufgaben stellen, wäre eine intensivere und damit möglicherweise unfaire Vorbereitung möglich.
Das Zentralabitur 2007 ist am 13. Juni endgültig abgeschlossen: Dann findet die letzte mündliche Prüfung statt.

Artikel vom 26.04.2007