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Max Buskohl

»Ich will nicht irgendwas singen, was irgendjemand geschrieben hat.«

Leitartikel
Bohlen und seine Schüler

Diese Stars
braucht das
Land nicht


Von Dietmar Kemper
Schlammschlachten fördern die Einschaltquote. Deshalb freut sich der private Fernsehsender RTL auf diesen Samstagabend, wenn »Deutschland sucht den Superstar« über die Mattscheibe flimmert. Nachdem Max Buskohl aus dem Wettbewerb geworfen wurde, weil er eigenmächtig gegen Vertragsabsprachen verstoßen haben soll, spricht seit einer Woche ganz Deutschland über die Sendung.
»DSDS« hat eine Aufmerksamkeit bekommen, die die Sendung nicht verdient. Wie der arrogante Dieter Bohlen darin junge Menschen behandelt, die von der großen Gesangskarriere träumen, ist respektlos, beleidigend, schlicht menschenverachtend. Selbst wenn man dieses Armutszeugnis für den Umgang miteinander beiseite lässt, erfüllt die Sendung nicht den von ihren Machern vorgegaukelten Anspruch.
Die Vergangenheit hat gezeigt: Superstars gehen aus der musikalischen Seifenoper »DSDS« nicht hervor. Oder kennen Sie noch den Vorjahressieger Tobias Regner? Bei einem Gesangswettbewerb sollte allein die Qualität der Stimme zählen. Die Frau mit dem größten Können, Franziska Urio, ist bei »DSDS« aber schon ausgeschieden, während der mittelmäßige Martin Stosch auf den Sieg hoffen darf, weil Mädchen seine blauen Augen so schön finden. Teenager haben das letzte Wort, ihre Telefonanrufe entscheiden.
»DSDS« schlachtet deren Traum, aus der großen Masse herauszuragen, berühmt zu sein und geliebt zu werden, werbewirksam aus. Stellvertretend für sie wird das Leben der Teilnehmer und ihrer Familien breitgetreten, Hochglanzmagazine am Kiosk bieten Poster für den Platz überm Bett. Das Publikum erfährt, dass die Eltern von Mark Medlock früh gestorben sind und Thomas Enns erst mit 24 Sex hatte. In den vielen Werbe-Unterbrechungen der Sendung werden Walkman-Handys und Biermixgetränke angepriesen.
Hätte es »Deutschland sucht den Superstar« damals schon gegeben, wäre der junge Herbert Grönemeyer oder Joe Cocker in der Vorrunde gescheitert. Wegen des näselnden Gesangs des einen und der ungelenken Bewegungen des anderen hätte Jury-Scharfrichter Dieter Bohlen sie mit abschätzigen Bemerkungen nach Hause geschickt.
Zum Glück ist es dazu nicht gekommen: Bohlen und seine ehemalige Band »Modern Talking« stehen für 0815-Melodien und nichtssagende Texte, für seichte Unterhaltung. Grönemeyer aber loben Kritiker wegen der anspruchsvollen Musik und der nachdenklich machenden Texte. Wahre Superstars zeichnen sich durch Ecken und Kanten, das Beschreiten eines eigenen Weges aus. Bohlen kennzeichnen dümmliche Sprüche.
Seinen eigenen Kopf wollte auch der gefeuerte Max Buskohl nicht aufgeben. Dass er von Bohlens Kommerz-Karussell abgestiegen ist, verdient Respekt. Auch wenn er nicht mehr RTL-Superstar werden darf, ist er der Sieger der vergangenen Woche.
Wer am Ende bei »DSDS« gewinnt, ist eigentlich egal. Denn diese Suche nach dem Superstar braucht Deutschland nicht.

Artikel vom 28.04.2007