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Ohne Stress, ohne Leistungsdruck

Schön stark zum »Hermann«: Lauftrainerin Beatrice Tappmeier und ihre BellZett-Frauen

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Mit ihrer vollschlanken Statur unterstreicht die Lauftrainerin des BellZett optisch jedes ihrer selbstbewussten Worte. Laufen, das ist für Beatrice Tappmeier vor allem Leichtigkeit. Beschwingt, mühelos, unkompliziert. Spaßlaufen eben. »Das sortiert meinen Kopf. Beim Laufen kann ich viel abarbeiten und komme zu Hause viel aufgeräumter an.«

Im Sitzen drehe sie sich wie im Kreis, aber »beim Laufen bewege ich mich auch im Kopf vorwärts.« Am kommenden Sonntag gut 31 Kilometer lang. Das Vergnügen heißt Hermannslauf und bedeutet für sie, sich wieder »ein bisschen verrückt zu machen«. Ein Highlight, ohne Frage. Andere Veranstaltungen wie der Teuto-Lauf in Lengerich mit ähnlichem Streckenprofil seien freilich »mindestens genauso schön«.
Im Jahr 2001 hatte Beatrice Tappmeier auf dem Kammweg des Teutoburger Waldes debütiert. Damals war sie in vorsichtigen 3:35:10 Stunden auf Rang 3842 gelandet. Am Sonntag steht sie zum siebten Mal an der Detmolder Grotenburg und hat sich mit den Jahren um eine gute Stunde gesteigert. 2006 wurde sie in der Ergebnisliste als 21. Frau auf Position 600 geführt, war Achte ihrer Altersklasse W 40 (2:28:54 Std.). Zahlenwerk, das sie nicht sonderlich interessiert. »Männer haben irgendwie eine Affinität zu Zahlen,« schmunzelt die Pädagogin. »Die brauchen was zu messen. Zeiten, Pulswerte.« Wohl ein Aspekt, warum ihr Klientel das Laufen im BellZett bevorzugt. Intensives Erleben ohne Vorgaben. Ein persönlicher Weg, der gemischte Gruppen samt Stresspotenzial ausschließt. »Da laufen Frauen mit Frauen, ohne Leistungsdruck.«
Beatrice Tappmeier arbeitet im Bielefelder Frauenhaus, einer Zufluchtsstätte für Mädchen und Frauen, die seelischer oder körperlicher Gewalt ausgesetzt sind. Die Lust am Laufen ist für die 44-Jährige ein wunderbarer Funken Leben. Ein Verlassen von gewohnten Strukturen; eine Nische, sich einzulassen auf das Abenteuer des Alltags, positiven Gedanken und Gefühlen Platz einzuräumen. Einfach nah dran zu sein an sich selbst. Niemals wird Laufen für Tappmeier zu einer Prüfung werden, deshalb vernachlässigt sie zum Beispiel auch Tempobolzen. »Fürs Tempo müsste ich viel mehr tun. Aber das wäre schon wieder Stress, Arbeit. Nein, Laufen ist nur mein Hobby. Wenn ich dann auch noch mit Erfolg belohnt werde, ist das wie ein Geschenk.«
Seit den Anfängen, als sie gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Uta im Wald joggte, ist Beatrice Tappmeier mühelos unterwegs. »Das Laufen ist mir einfach zugefallen. So etwas wie Muskelkater kenne ich nicht.« In einem speziellen Lauftreff seit September 2006 hat Tappmeier, im fünften Jahr Lauftrainerin im BellZett, eine elfköpfige Frauengruppe mit Know How auf das Abenteuer Hermannslauf vorbereitet. Schön stark: Corina Levin-Schroeder (W 30), Ute Diekmann, Bianca Fiss (beide W 35), Kerstin Blanke, Martina Koch (beide W 40), Gudrun Hannebohm, Katja Osterloff, Gundi Schlüter (alle W 45), Birgit Kohnert, Ulrike Winkelmann (beide W 50) und Gisela Quentin (W 55) verkörpern das Profil des BellZett - Motto: Frauen machen Frauen fit - in der Sudbrackstraße. Die Einrichtung war 1984 als Selbstverteidigungszentrum gegründet worden. Neben der Fitness spielt in fortlaufenden Kursen, Ferienwochen und Kompaktseminaren unter qualifizierter Leitung auch Selbsterfahrung eine große Rolle. Geist, Seele und Sinne werden mit einbezogen.
Etwas bewegen macht Mut und Spaß, lautet ein Slogan der Macherinnen, die auf frauenbewusste Kraft setzen. Beatrice Tappmeier kann sich damit gut identifizieren. Vor zwei Jahren lief die zweifache Mutter ihren ersten und bislang einzigen Marathon, in Venedig. Ein atmosphärischer Genuss. »Die Italiener sind sehr emotional. Ist hierzulande bei solchen Ausdauerveranstaltungen ein Frauenanteil von zehn Prozent, so sind es dort noch weniger. Wenn die eine Frau laufen sehen, dann feuern sie besonders leidenschaftlich an.«
Am Samstag nach dem Lauf dürfte es so zugehen wie in den Vorjahren. Beatrice Tappmeier wird ihre glücklichen Schützlinge im Ziel in Empfang nehmen. Die Tradition sieht vor, sich auf der Habichtshöhe (»Das riecht immer so gut, wenn wir da lang laufen«) mit italienischer Küche gemeinsamen zu belohnen und dabei das Erlebte zwischen Hermannsdenkmal und Sparrenburg auszutauschen. Leichtigkeit, Teil zwei.
Lust auf Bewegung bekommen? Auf Lebensgefühl, auf ein Stück Selbsterfahrung? Wenn frau mag, ist sie herzlich willkommen, am offenen Lauftreff des BellZett teilzunehmen. Treffen samstags um 10 Uhr, Parkplatz Peter aufĂ•m Berge. Am 2. Juni findet ein besonderer Frauenlauf statt.
www.bellzett.de

Artikel vom 26.04.2007