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Hitzfelds bittere Abrechnung

Mit Luca Toni wollen die Bayern wieder aus den Trümmern aufsteigen

München (dpa). Der FC Bayern liegt in Trümmern: Noch in der Kabine nahm sich Manager Uli Hoeneß die Versager zur Brust, nach einer unruhigen Nacht ließ dann Trainer Ottmar Hitzfeld seine schonungslose Abrechnung folgen.
»Alle unsere Kraft setzen wir darauf, in der neuen Saison eine Mannschaft auf den Platz zu bringen, die mit dieser nichts mehr zu tun hat. Diese Mannschaft hatte ihre Chancen. Wer eine Chance ein ganzes Jahr nicht nutzt, hat auch keine zweite verdient«, brach der Manager sein langes Schweigen und hatte trotz der mit Bedacht gewählten und ruhig vorgetragenen Worte einfach nur die Nase voll: Der FC Bayern ist nach dem 1:2 gegen den Hamburger SV am Nullpunkt angelangt. »Das lassen wir uns nicht mehr länger bieten«, kündigte Hoeneß den radikalen Schnitt an.
Erleichtert durch die Ansage des Managers legte Hitzfeld, vom gefeierten Feuerwehrmann inzwischen auch zu einem Verlierer geworden, nach. »Ich werde mir Gedanken machen, ob ich auf den Stamm zählen kann oder ein, zwei Amateure dazu nehme«, sagte der »General«, stocksauer über die leblose Mannschaft. »Ich bin 23 Jahre Trainer, eine solche Situation habe ich noch nicht erlebt«, so der 58-Jährige.
Per Video-Studium durften die Möchtegern-Profis am Sonntag noch einmal miterleben, dass ausgerechnet Rafael van der Vaart per Traumtor (71.) den Münchnern die kalte Schulter zeigte und das 0:1 von Claudio Pizarro (35.) ausglich. Dass der einst verschmähte Joker Paolo Guerrero (76.) das 2:1 erzielte, passte ins Bild. Während die Hanseaten mit 39 Punkten so gut wie sicher den Klassenverbleib feierten, enttäuschten die lethargischen Münchner.
Erstmals seit 1996 reicht es nur zur UEFA-Cup-Teilnahme. »Es ist wohl jedem klar geworden, dass dieses Team Auffrischung braucht«, betonte Hoeneß und will für neue Leute sogar sein eisern gehütetes Schatzkästchen öffnen. »Wir haben genug Geld, um einzukaufen.« Laut La Gazzetta dello Sport kommt der italienische Nationalstürmer und Weltmeister Luca Toni für 18 Millionen Euro aus Florenz und wird mit 5,5 Millionen Euro pro Jahr Top-Verdiener. Kein Kommentar kam dazu aus München, dafür verriet Hitzfeld, Zé Roberto könne zurückkommen.
Bei der Heimniederlage gegen den HSV offenbarte der deutsche Rekordmeister wieder sein Gesicht der Saison 06/07. »Wenn ich wirklich sagen würde, was ich denke, dann würden sie mich hier suspendieren, deshalb behalte ich es lieber für mich«, rang ein tief getroffener und kurz angebundener Kapitän Oliver Kahn nach Worten - sein angeschlagener Trainer wurde deutlicher. »Es ist für mich eine bittere Stunde, wenn man sieht, was für Verfallserscheinungen eine Mannschaft hat.«
Doch Hitzfeld ist sich sicher, dass er den Neuaufbau vorantreiben wird. Was an den kolportierten Verstärkungen Arjen Robben (FC Chelsea) oder Miroslav Klose (Werder Bremen) dran ist, werden die nächsten Wochen zeigen. Die Personalie van der Vaart ist dagegen vom Tisch. »Wir haben uns um van der Vaart nie bemüht und werden das auch nicht tun«, behauptete Hoeneß.

Artikel vom 30.04.2007