24.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gewitter der Gefühle und Empfindungen

Wenn Kinder häusliche Gewalt erleben müssen

Bielefeld (MiS). Wenn der Vater die Mutter schlägt, häusliche Gewalt an der Tagesordnung ist, dann hat das auch Folgen für die Kinder. Jetzt beschäftigte sich die Bielefelder Arbeitsgemeinschaft für Kinderschutz mit der schwierigen Problematik.

500 Fälle häuslicher Gewalt registrierte die Bielefelder Polizei im vergangenen Jahr. 600 Kinder waren als Zeugen davon betroffen. »Die Jungen und Mädchen sind genauso traumatisiert, als wenn sie selbst die Gewalt erfahren hätten«, erläuterte Barbara Brune von der Ärztlichen Beratungsstelle gegen Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern. Es sei »ein Gewitter der Gefühle und Empfindungen«, das über die Kleinen hereinbreche, wenn sie erlebten, wie der eigene Vater die Mutter schlage, es zu heftigen Wortgefechten komme. Die Kinder spürten oft eine Ohnmacht. In ihnen machten sich nicht selten Schuldgefühle breit, selbst für die Situation verantwortlich zu sein.
Gleichzeitig würden die Geschehnisse tabuisiert. Die Eltern seien oft der Auffassung, dass ihre Kinder nichts mitbekämen. Der Nachwuchs selbst hat meist verinnerlicht, dass nichts von dem, was in der Familie geschehe, nach außen getragen werden dürfe.
Dabei gibt es auch äußere Anzeichen. Dazu zählen Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall in der Schule oder psychosomatische Erscheinungen wie die allgemein gehaltene Klage über »Magenschmerzen«. Lehrer und Erzieher müssten solchen Symptomen ihre Aufmerksamkeit schenken, meinte Martina Hensel (Kinderschutzbund). Sie forderte auch von Verwandten und Nachbarn eine »Kultur des Hinschauens«, um häusliche Gewalt einzudämmen und deren Folgen für die Kinder zu verringern. Beratungsstellen könnten bei der Aufarbeitung der Geschehnisse helfen.
Der AG für Kinderschutz gehören Vertreterinnen und Vertreter von Polizei, Stadt, Kinderschutzbund, von-Laer-Stiftung, des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF), des AWO-Frauenhauses und Rechtsanwälte an. Sie widmen sich in ihren Informationsveranstaltungen wechselnden Fragestellungen, wollen die Ergebnisse in die eigene Arbeit einfließen lassen. Zum aktuellen Thema geben sie einen Literaturtipp:
Barbara Kavemann/Ulrike Kreyssig: Handbuch Kinder und häusliche Gewalt, 476 Seiten, Vs-Verlag, 39,90 Euro.

Artikel vom 24.04.2007