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Nico und Ségo werben um die Mitte

Zentrumspolitiker Bayrou ist jetzt Königsmacher - Die Ära Le Pen endet

Paris (dpa). Im Ringen um das Präsidentenamt in Frankreich ist gestern der Kampf zwischen dem Konservativen Nicolas (Nico) Sarkozy und der Sozialistin Ségolène (Ségo) Royal um die Stimmen der Mitte voll entbrannt.
Beide müssen sich nach ihrem Erfolg bei der Abstimmung am Sonntag bis zur Stichwahl am 6. Mai vor allem um die 6,8 Millionen Wähler des Zentrumspolitikers François Bayrou bemühen, der damit zu einem »Königsmacher« werden kann. Bayrou hatte im Wahlkampf als »Mann der Mitte« erheblichen Zulauf erhalten.
»Ich habe immer sehr gute Beziehungen zu Bayrou gehabt, wir haben eine lange Tradition der Kooperation«, sagte der neogaullistische frühere Premierminister Alain Juppé, der als Sarkozys Außenminister gehandelt wird.
Der Parteichef der Sozialisten, François Hollande, erklärte, viele Wähler Bayrous hätten am Sonntag Sarkozy schlagen wollen. Alle Seiten schlossen aber in der Öffentlichkeit die »Logik der Verhandlungen« mit Bayrou hinter dem Rücken der Wähler aus.
Sarkozy kam auf 31,18 Prozent, das beste Ergebnis eines Kandidaten in der ersten Runde einer Präsidentenwahl seit 1988. Royal vereinte 25,87 Prozent der Stimmen auf sich. Da keiner der Bewerber jedoch die absolute Mehrheit errang, kommt es zwischen den beiden Bestplatzierten zum Stichentscheid.
Bayrou erhielt 18,57 Prozent. Das könnte ihn zu dem gewichtigen »Zünglein an der Waage« machen. Der »dritte Mann« steht jetzt mit Sarkozy und Royal im Rampenlicht - mit Aussicht auf politische Zukunft.
Der rechtsextreme Jean-Marie Le Pen bekam 10,44 Prozent, sein schlechtestes Ergebnis in zwei Jahrzehnten. Vor fünf Jahren hatten ihn die auf Recht und Ordnung bedachten Franzosen noch in die Stichwahl um das Präsidentenamt gebracht - es war die Sternstunde des Jean-Marie Le Pen.
Sarkozy eröffnete gestern die heiße zweite Phase mit einer Rede in Dijon. Royal tat es ihm im südfranzösischen Valence gleich. Royal bot dem Zentrumspolitiker Bayrou gestern in einem Telefonat Bündnisgespräche für den zweiten Wahlgang am 6. Mai an. In Valence sagte sie, sie wolle »eine offene Ideendebatte« auf der Grundlage ihres »Präsidentenpaktes« (Wahlprogramms). »Jetzt muss Bayrou sagen, ob er diese Debatte will.«
Eine Reihe von Umfragen nach der Wahl sahen den 52-jährigen ehemaligen Innenminister und Chef der Regierungspartei UMP in der Stichwahl vorn. So kann er nach einer Umfrage des Instituts LH2 mit 54 Prozent der Stimmen rechnen, die 53-jährige Royal mit 46 Prozent. Als Höhepunkt des Endspurts ist am 2. Mai ein Fernsehduell zwischen Sarkozy und Royal geplant.
In der ersten Runde lag die Beteiligung bei 83,77 Prozent - knapp unter dem Rekord von 84,75 Prozent bei der Präsidentenwahl 1965. Leitartikel

Artikel vom 24.04.2007