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Im Sammeltransport zum Dienst

50 Jahre Wehrpflicht - Gerhard Marquet erinnert sich an Einberufung 1957

Von Dirk Schröder
Augustdorf (WB). Vor 50 Jahren, am 1. April 1957, wurden die ersten Grundwehrdienstleistenden in die Bundeswehr einberufen. Mehr als 8,1 Millionen junge Deutsche haben seitdem ihren Dienst in den Streitkräften abgeleistet.

Aus Anlass dieses Jubiläums werden morgen im lippischen Augustdorf 1000 Rekruten aller drei Teilstreitkräfte, die am 1. April 2007 eingezogen worden sind, unter den Augen von Verteidigungsminister Franz Josef Jung das feierliche Gelöbnis ablegen.
»Mit dem Sammeltransport ging es von Düsseldorf nach Dedelsdorf in der Nähe von Celle.« Gerhard Marquet erinnert sich noch genau an den 1. April vor 50 Jahren, als er als einer der ersten Wehrpflichtigen der noch jungen Bundesrepublik eingezogen wurde. Er gehörte dem Jahrgang 1937 an, unterlag damit der Wehrpflicht und war obendrein auch noch vollkommen tauglich.
Eigentlich wollte der heute 69-Jährige gern zur Luftwaffe, als dann daraus die Panzertruppe wurde, war er nicht böse. Marquet: »Bei Kriegsende, als ich acht Jahre alt war, ließ mich ein US-Sergeant auf seinen Panzer klettern. Da war ich schon ein wenig begeistert.«
Weniger begeistert war aber sein Vater, als er ihm erzählte, dass er sich durchaus vorstellen könne, sich länger zu verpflichten. Gerhard Marquet hatte Industriekaufmann gelernt und sein Vater meinte: »Mach erst einmal die Grundausbildung, und wenn es Dir dann noch immer gefällt, kannst Du dich ja länger verpflichten.«
Die ersten drei Monate bei der Bundeswehr hatten es dann in sich. Dedelsdorf hat Marquet gar nicht in guter Erinnerung. Fünf Kilogramm hat der schon damals gut durchtrainierte junge Rekrut abgenommen. »Die kriegsgedienten Ausbilder haben uns ganz schön zur Brust genommen, zum Glück war ich sportlich fit.«
Stabsfeldwebel Hans-Werner Burmester a.D. war damals solch ein »harter Hund«, wie er heute lächelnd erzählt, der als Unteroffizier auch Marquet ordentlich rangenommen hat. Doch heute sind beide gute Freunde, wie sie gestern bei einer zufälligen Begegnung in der Augustdorfer Kaserne erzählten.
Wenn sich Marquet an seine einjährige Grundwehrzeit erinnert, muss er immer wieder die gute Kameradschaft betonen. Nach Hause fahren konnten sie nicht und so verbrachte der zusammengewürfelte Haufen viel Zeit miteinander. »Wir haben uns gegenseitig unter die Arme gegriffen und die Stimmung war trotz der harten Ausbildung bestens.«
Zwei Monate vor dem Ende der Grundwehrzeit stand der aus Heiligenhaus bei Düsseldorf stammende Marquet vor der Entscheidung, zurück in den Beruf oder erst einmal drei Jahre verpflichten. Nachdem er mit seinem Firmenchef gesprochen hatte - »mach das Gerhard, ich halte die Stelle frei« - verpflichtete er sich.
Und so ging es für den heute in Heidenoldendorf (Kreis Lippe) wohnenden Stabsfeldwebel a.D. weiter: Verpflichtung auf acht Jahre - »da konnte ich eine Fahrlehrerausbildung machen, und dachte, damit lässt sich auch etwas anfangen«. Den Lehrgang schloss er sogar als Bester ab und erhielt drei Tage Sonderurlaub. Dann Verpflichtung auf zwölf Jahre und 1967 ging es um die Entscheidung, Berufssoldat zu werden. »Es sah damals nicht gut in der Wirtschaft aus und so habe ich unterschrieben.«
Bis Marquet 1990 Abschied von der Bundeswehr nahm, war er in Augustdorf in verschiedenen Funktionen eingesetzt: als Fahrlehrer, Ausbilder am Kampfpanzer Leopard 1 - »1404 Soldaten habe ich auf dem Leo ausgebildet« - als Schirrmeister und Ausbilder am Panzersimulator. Der Kontakt zur Bundeswehr ist nie abgerissen. Unter anderem gehört er dem Freundes- und Förderkreis des Panzerbataillons 214 an.
Der fast 70-Jährige ist heute noch (beinah) so fit wie zu Bundeswehrzeiten. Im Winter fährt er für fünf Wochen zum Skilaufen, im Sommer spielt er dreimal in der Woche Tennis. »Und dann halten mich meine Frau und mein 3500 Quadratmeter großes Grundstück zudem ordentlich auf Trab.«
Erst am Anfang ihrer Bundeswehrzeit stehen Dominik Seifert aus Gütersloh, Marc Wolf aus Bochum, Nico Huber aus Herten, Marvin Baron aus Castrop-Rauxel und Johannes Graf aus Siegen. Sie sind seit dem 1. April in Augustdorf und legen morgen das feierliche Gelöbnis ab. Vielleicht laufen sie ja durch eine ähnliche Bundeswehr-Karriere wie Gerhard Marquet. Marvin Baron hatte es sich vorher auf jeden Fall schlimmer vorgestellt: »Es macht jetzt sogar richtig Spaß.« Marc Wolf und Johannes Graf haben sich bereits für zwölf Jahre verpflichtet. Und Nico Huber ist nicht ganz freiwillig eingezogen worden. Sein Fazit nach drei Wochen: »Wahrscheinlich verlängere ich auch.«

Artikel vom 25.04.2007