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Betrug mit Paketmarken

Sendungen werden nicht zugestellt

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Durch illegal in den Handel gelangte Paketmarken hat sich die Post-Logistik-Tochter DHL praktisch selbst Konkurrenz gemacht. Die Großkunden-Marken wurden in großem Stil übers Internet verkauft. Den Schaden schätzt die Staatsanwaltschaft Paderborn auf mehr als 500 000 Euro.

Mit den so genannten »Freeway-Aufklebern« können Gewerbetreibende Pakete bis zu 31,5 Kilo bundesweit versenden. Bei Abnahme von mindestens 100 Stück kostet die Marke 6,66 Euro. Zum Vergleich: Am Schalter kostet das Einzelpaket in dieser Gewichtskategorie 9,90 Euro. Ab 3000 Marken ist der Preis laut Post »Verhandlungssache«. Sie sind ausschließlich für den Eigenverbrauch bestimmt und dürfen nicht weiterverkauft werden. Privatleute dürfen gewerbliche Freeway-Marken nicht kaufen.
Der 43-jährige Knut H. aus Bielefeld, der in Salzkotten einen nur mäßig florierenden Handel mit chemischen Betonzusätzen betrieb, hatte selbst zwar keinen Bedarf für die Paketmarken, erkannte aber deren Wertschöpfungspotenzial. Im September 2004 schloss er mit der Deutschen Post Euro Express einen Großabnehmervertrag und orderte binnen acht Monaten gut 210 000 Aufkleber zum Stückpreis von 3,40 Euro, die er aber nur teilweise bezahlte. Mit nur zehn Cent Aufschlag will er sie weiterverkauft haben. »Die Nachfrage explodierte förmlich«, gestand der Ex-Geschäftsführer der KMR Betonoptimierungs-Verwaltungs GmbH & Co. KG gestern im Prozess vor dem Landgericht Paderborn. Im Internet werden Freeway-Marken heute noch illegal zu Preisen zwischen 4,60 und 5,30 Euro angeboten.
Staatsanwalt Gerwald Hartmann sprach von einem regelrechten »Betrügerkartell«. Der Schwindel flog auf, als die Polizei im April 2005 das Auto eines Bielefelder Drogendealers durchsuchte und neben Kokainspuren auch 10 000 Paketmarken fand. Weitere etwa 100 000 noch im Umlauf befindliche und mit einem individuellen Strichcode als Kundenkennung versehene Aufkleber wurden daraufhin gesperrt. Wer diese Marken erwirbt, muss damit rechnen, dass sein Paket nicht zugestellt wird.
Die verantwortliche Vetriebsmitarbeiterin - »Ich war wohl etwas blauäugig, aber ich hatte auch meine Umsatzvorgaben« - verlor ihren Job. Den Initiator des »Freeway-Schwarzmarktes« verurteilte das Gericht wegen gewerbsmäßigen Betruges zu zwei Jahren auf Bewährung. Ob der Post tatsächlich ein Schaden entstanden sei, lasse sich letztlich überhaupt nicht feststellen, meinte Richter Stefan Schäfer. »Die Post hat ihren Schaden bis heute nicht konkret beziffert oder gar belegt«, bestätigte der Bielefelder Rechtsanwalt Ulrich Kraft.
Zu dem Fall wolle man sich nicht äußern, erklärte ein Post-Sprecher auf Anfrage.

Artikel vom 24.04.2007