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Kyrill-Wald soll
Urwald bleiben

Sundern prüft Aufforstungs-Stopp

Sundern (dpa). Toni Becker steht am Rand einer von Kyrill zerstörten Waldfläche im sauerländischen Sundern. Der 51-Jährige kämpft dafür, dass die Stadt die drei Hektar große Fläche auf einer Bergkuppe als Naturdenkmal unberührt lässt.
In dieser Woche will der Sunderner Stadtrat darüber entscheiden. »Das größte Problem ist, dass wir nicht auf die Einnahmen aus dem Holzverkauf verzichten können«, sagt Bürgermeister Friedhelm Wolf. Ansonsten findet er die Idee des Forstwirtschaftsmeisters, der für die Grünen im Stadtrat sitzt, gut. »Wir könnten beispielsweise Schulen zeigen, wie der Sturm gewütet hat«, sagt der Bürgermeister. »Und wir würden erleben, was die Natur hier in den kommenden Jahren und Jahrzehnten macht.«
Becker geht sogar noch weiter: Er erhofft sich Einnahmen durch den Urwald. Nach dem Orkan Lothar sei in Baden-Württemberg eine Fläche nicht aufgeräumt worden. »Die haben seitdem 50 000 Besucher pro Jahr.« Und auch in Sundern könnte ein Kyrill-Urwald touristisch interessant sein. Denn die Fläche liegt auf einer Bergkuppe zwischen der Stadt und dem Sorpesee und zudem in direkter Nähe eines großen Wanderweges. »Damit könnte die Stadt auch ihre touristische Attraktivität steigern«, sagt Forstexperte Toni Becker.
Bei Forstfachleuten rennt Becker mit seiner Idee offene Türen ein. »Es ist sicherlich interessant, solche Flächen liegen zu lassen«, sagt der Leiter des zuständigen Arnsberger Forstamtes, Oberforstrat Peter Bergen. Auch im Arnsberger Staatswald würden einige kleinere Flächen vermutlich nicht aufgearbeitet werden.
Zu sehen, wie sich der Wald ohne menschliche Eingriffe entwickelt, ist auch für den Chef der Landesforstverwaltung, Franz-Lambert Eisele, interessant. »Das ist nicht dumm.« Behördliche Probleme sehen weder Bergen noch Eisele. Wenn sich die Stadt Sundern für das Kyrill-Projekt entscheiden sollte, werde die Verwaltung die Umsetzung unterstützen. Und die NRW-Stiftung wolle bei der Ausstattung der Fläche mit Info-Tafeln helfen.
Allerdings könnte sich das von Becker geplante »Naturdenkmal Kyrill-Wald« auch zu einem Streitapfel entwickeln. »Waldökologisch ist die Idee überaus interessant«, sagt der Leiter des Waldzentrums an der Universität Münster, Professor Andreas Schulte. Doch er gibt zu bedenken, dass sich das unaufgearbeitete Waldstück zu einer Brutstätte für den Borkenkäfer entwickeln könnte. »Wenn die Fläche dann an Privatwälder oder den Wald anderer Kommunen angrenzt, ist der Streit programmiert«, sagt er.

Artikel vom 23.04.2007