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Es ist nicht das erste Mal, dass die Rote Armee Fraktion die Öffentlichkeit an der Nase herumführt.

Leitartikel
Mordfall Buback

Kein Grund
für eine
Begnadigung


Von Dirke Schröder
Wer hätte gedacht, dass das dunkelste Kapitel der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 30 Jahre nach Ende des ersten großen Prozesses gegen die Rote Armee Fraktion (RAF) am 28. April 1977 noch einmal die Schlagzeilen beherrscht? Heute gibt es drei Aspekte, die im Zusammenhang mit den RAF-Terroristen noch einmal durchleuchtet werden müssen. Da ist das umstrittene Gnadengesuch des RAF-Terroristen Christian Klar. Weiter der unverständliche Meinungsumschwung Michael Bubacks, nachdem jetzt klar zu sein scheint, dass es nicht Klar war, der die tödlichen Schüsse auf seinen Vater Siegfried Buback abgegeben hat. Und schließlich die Enthüllungen, dass Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz handfeste Informationen hatten, die der Polizei und Justiz über Jahrzehnte verborgen geblieben sind. Die Konsequenz: An einer neuen Untersuchung des gesamten Falls geht kein Weg vorbei.
Auf das Gnadengesuch Klars sollte dies aber keine positive Auswirkung haben. »Reue ist eine Bringschuld des Täters und keine Holschuld des Rechtsstaates«, kann man dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle nur zustimmen. Auch wenn der RAF-Terrorist nicht selbst die tödlichen Schüsse abgegeben hat, so scheint dennoch eindeutig zu sein, dass er an der Tat beteiligt war. Auch sollten die anderen Attentate, für die er verantwortlich ist, nicht vergessen werden. Und Klar schweigt weiterhin, trägt nichts zur Aufklärung bei.
Dass sich jetzt auf einmal der RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock mit einer Entlastung Klars zu Wort meldet, scheint ein durchsichtiges Spiel zu sein, um Einfluss auf das Gnadengesuch zu nehmen.
Es ist das erste Mal, dass ein RAF-Mitglied sich öffentlich zu den Taten äußert, es ist aber nicht das erste Mal, dass die Rote Armee Fraktion die Öffentlichkeit an der Nase herumführt. Nein, auch nach der neuen Entwicklung gibt es keinen Grund für eine Begnadigung Klars. Und für ein Treffen des Bundespräsidenten Horst Köhler mit dem RAF-Terroristen schon lange nicht.
Aber auch für Michael Buback, der sich nun plötzlich für Klar einsetzt, kann man wenig Verständnis aufbringen. Hat er wirklich verdrängt, dass Klar vom Anschlag gewusst hat, ja sogar im Fluchtauto auf die Attentäter wartete. Da kann es doch keine Bedeutung haben, dass Klar die tödlichen Schüsse, bei denen auch zwei Begleiter Bubacks starben, nicht abgegeben hat. Schon im damaligen Prozess war es nicht um Klar als Schützen gegangen.
Bei aller Vorsicht vor einer nach 30 Jahren nachgeschobenen Behauptung aus den Reihen der RAF, wenn es stimmt, dass dem Verfassungsschutz seit mehr als 20 Jahren wichtige Aussagen vorliegen, die nicht in das Verfahren eingebracht wurden, schreit dies nach Aufklärung.
Es wäre schon ein ungeheuerlicher Vorgang, für den die Verantwortlichen auch heute Rechenschaft ablegen müssen. Das bedeutet aber nicht, dass die RAF-Geschichte neu geschrieben werden muss.

Artikel vom 23.04.2007