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Umsatzrendite kleiner als zwei Prozent

Möbelbranche in der Mehrwertsteuer-Delle -ÊHersteller warnen vor hohem Lohnabschluss

Von Bernhard Hertlein
Herford (WB). Die deutsche Möbelindustrie richtet sich in diesem Frühjahr auf eine längere Durststrecke ein. Während sich die Umsätze vor allem im Januar noch erfreulich entwickelten, liegen die Auftragseingänge inzwischen um durchschnittlich zehn und bei einigen Firmen sogar um 30 Prozent unter Vorjahresniveau.

»Schieder ist kein Einzelfall«, erklärte Dr. Lucas Heumann, Hauptgeschäftsführer der Verbände der westfälisch-lippischen Holz- und Möbelindustrie, im Gespräch mit dieser Zeitung. Auch mehrere kleinere Hersteller seien in einer schwierigen Situation, wie nicht zuletzt die Insolvenzverfahren für Spilker (Steinheim) und Habemat (Melle) zeigten.
Nachdem zuvor bereits Kerkhoff (Lemgo), Omnia (Detmold) und Wellpac (Enger) ihre Produktion einstellen mussten, befürchtet der Vorsitzende des Verbandes, Poggenpohl-Chef Elmar Duffner, nun auch Folgen für das Rating der gesamten Branche bei den Banken: »Die Kredite für unsere Firmen könnten nach dem Fall Schieder erneut teurer werden.«
Als »völlig unangemessen«Êbezeichnete Heumann die Tarifforderung der IG Metall. Es gehe nicht an, dass die Situation in der Metallbranche einfach auf die Möbelinstrie übertragen werde. Schon ein Vergleich der Umsatzrenditen mache den Unterschied deutlich. Während der Maschinenbau 2006 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 4,5 Prozent und die Elektrotechnik immerhin 2,4 Prozent erwirtschaftet habe, kämen die Möbelhersteller - im Durchschnitt - gerade mal auf 1,5 Prozent. Zum Vergleich: In der Chemieindustrie erreiche die Umsatzrendite sogar 9,5 Prozent.
Heumann: »Jedes Prozent Lohnerhöhung ist in der jetzigen Situation für viele Möbelfirmen existenzgefährdend.« Viele litten extrem unter den höheren Rohstoff- und Energiekosten. Tragbar sei in diesem Jahr allenfalls ein Ausgleich für die Inflationsrate.
Duffner zufolge haben die durch die höhere Mehrwertsteuer verursachten Nachfrage-Schwankungen die Branche noch mehr durcheinander gewirbelt als ohnehin befürchtet. Während die Kapazitäten im Dezember überlastet gewesen seien, müssten nun Betriebe ihre Produktion drosseln, einige sogar kurzarbeiten. »Zum Glück haben wir heute eine flexiblere Arbeitszeit«, meinte Heumann. So würden überzählige Stunden aus dem Herbst abgebaut. Heumann und Duffner rechnen damit, dass die Nachfrage nach langlebigen Verbrauchsgütern und damit auch nach Möbeln im Sommer wieder anzieht. Trotzdem müsse man froh sein, wenn die Branche im Gesamtjahr noch ein leichtes Umsatzplus von zwei Prozent erwirtschaften könne. S. 4: Leitartikel

Artikel vom 21.04.2007