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Ein wenig Grusel beim
Gewusel in der Vorhölle

Redentiner Osterspiel begeistert am Kapellenbrink

Von Matthias Meyer zur Heyde
Schildesche (WB). Jesus ist auferstanden und führt die armen Seelen aus der Hölle - womit sich die Teufel aber nicht abfinden wollen. Etwa 60 Zuschauer spendeten den Akteuren des »Redentiner Osterspiels« in der Thomaskirche reichlich - verdienten! - Applaus.

Zur »Kumpanei«, wie die Mitwirkenden des 1464 verfassten Mysterienspiels heißen, zählen fast 40 Personen. Drei Generationen sind vertreten: von 7 bis 86. Anna (7) und Annika (9) stürmen mit Geheul auf die Bühne, als Luzifer alle kleinen Teufelchen herbei ordert, um die Höllentore zu sichern. Gegen den Lehrer Hartmut Seele aber, der den Christus spielt, hat der »Gottseibeiuns« keine Chance.
Auch Senioren, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, werden perfekt und mit viel Liebe in das Osterspiel aus Redentin (bei Wismar) einbezogen. Dafür trägt Hermine David (83) Sorge, die beim 1786 zufällig wiederentdeckten Stück Regie führt - im mittlerweile siebten Jahr. »Die Mitwirkenden sind Bewohner der Altenwohnanlage ÝIm KapellenbrinkÜ und ihre Freunde, die sich der Devise ÝAnders alt werdenÜ verschrieben haben«, sagt Hermine David.
Gut eine Stunde vergeht wie im Flug. An den Laien sind echte Schauspieler verloren gegangen: Mit viel Ausdruck in Stimme und Mimik, wo es gefordert wird, auch mit großer Geste erzählen sie die Geschichte der Heimführung der armen Seelen ins Paradies. Lebensnahe Spiritualität spricht aus ihrem Tun zu den Zuschauern, sorgfältige Artikulation macht jedes Wort verständlich.
Die Handlung entbehrt nicht einer gewissen Komik. Über diese eitlen Ritter, die auf den Befehl von Pilatus das Grab Christi bewachen sollen, muss man einfach schmunzeln. Man freut sich mit den Seelen, mit Adam, Abel und den Seinen, die 5000 Jahre lang auf das Licht der Erlösung warten mussten. Und man gruselt sich ein wenig vor dem - einfallsreich choreographierten - Gewusel in der Vorhölle.
»Dess Jhesus wolde gådes zone wesen. He sede: he wolde van deme dode wol mezen«: Das originale Mittelniederdeutsch des Spiels wurde natürlich längst in modernes Hochdeutsch übersetzt, so dass jeder versteht, worüber sich die Juden mokieren: Jesus will Gottes Sohn gewesen und von den Toten auferstanden sein. Aber genau so ist es ja: »Nun sind alle Dinge vollbracht, die davor in der Ewigkeit waren bedacht«, sagt Jesus, und resigniert muss der Teufel die Seelen ziehen lassen: »Diese Schar war zu Unrecht gewonnen, also ist uns sie wieder entronnen.«
Das mit einigen sehr schön und sicher intonierten Liedern geschmückte »Redentiner Osterspiel« wird traditionell zweimal jährlich aufgeführt.
Auf Wunsch aber tritt die Kumpanei vom »Kapellenbrink« auch andernorts auf - Anruf unter 9 81 11 50 bei Gisela Stender genügt.

Artikel vom 24.04.2007