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»König Kunde« regiert
im alten Welfenpalast

200 Millionen Euro in den Wiederaufbau investiert

Von Michael Robrecht
Braunschweig (WB). Der Wiederaufbau von zerstörten Schlössern ist in Deutschland en vogue. Während in Berlin und Potsdam die Rekonstruktion der Stadtresidenzen der Hohenzollern noch in der Planungsphase steckt, ist in Braunschweig der alte Welfenpalast bereits wiederauferstanden - als Shopping-Schloss für 200 Millionen Euro.

Statt eines Herzogpaares logiert in den Gemächern heute jedoch ein König - König Kunde. Nachdem das kriegszerstörte Braunschweiger Residenzschloss 1960 nach Beschluss einer SPD-Ratsmehrheit von nur zwei Stimmen abgerissen und auf dem trostlosen Gelände ein Park angelegt wurde, prägen 47 Jahre später die gewaltigen Umrisse des neuen Schlossbaus wieder das Bild der Braunschweiger Innenstadt.
Mit der Teilrekonstruktion des Welfenschlosses mit einer gewaltigen 116 Meter-Front hat die Stadt Braunschweig zusammen mit dem privaten Großinvestor ECE ein kühnes und kontrovers diskutiertes Vorhaben umgesetzt: In nur zwei Jahren ist die Fassade des einstigen Welfenschlosses vom Hamburger Shoppingcenter-Konzern ECE in Verbindung mit einem riesigen Einkaufszentrum rekonstruiert worden.
Das Hauptportal des neuen, alten Schlosses führt den Besucher direkt in die Einkaufs-Halle, die sich dahinter auf 30 000 Quadratmetern Verkaufsfläche ausdehnt. »Schloss-Arkaden« heißt das Gesamt-Projekt. Städtebau versus Kommerz: Die Befürworter freuen sich, dass Braunschweig sein Schloss als Mittelpunkt wieder hat und die Innenstadt ihr historisches Gesicht und ein Stück Attraktivität zurückbekommt, 1000 Arbeitsplätze und 150 Fachgeschäfte sind ein Wort.
Für den Neubau der historischen Schlossfassaden verwendeten die Bauleute sogar mehr als 600 gut erhalten gebliebene und teilweise vergrabene Originalteile. »Der Schlosswiederaufbau in Braunschweig ist ein interessantes Beispiel, besonders für Berlin, wo das Stadtschloss schon bald neu entstehen soll«, kommentierte der aus Höxter stammende Florian Mausbach, Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung in Berlin, der sich den Braunschweiger Herzogensitz selbst angesehen hat, das Millionenprojekt.
Projektpartner für die »Schloss-Arkaden« in Braunschweig sind die Credit Suisse Asset Management Immobilien KAG mbH und die ECE. In das Schloss selbst werden auf 13 000 Quadratmeter Standesamt, Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Kulturamt sowie das neue Schlossmuseum einziehen. Zusätzlich bieten die Arkaden im Inneren des Palastes auf drei Ebenen Verkaufsfläche für 150 Fachgeschäfte, Cafés und Restaurants. Alle Flächen sind vollständig vermietet, sagt ECE.
Zwei Reiterstandbilder und die Quadriga über dem Hauptportal werden in Kürze noch aufgebaut.

Artikel vom 26.04.2007