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Professor starb mit 76 als Held

76-Jähriger versperrte Tür und ermöglichte Studenten so die Flucht

Raanana/Washington (dpa). Einer der Helden des Universitätsmassaker in Blacksburg, der israelische Professor Liviu Librescu, ist am Freitag in Israel beigesetzt worden.
Joe und Marlena Librescu trauern um Vater und Mann.

»Ich bin so stolz auf dich«, sagte sein Sohn Joe bei der Beerdigung in Raanana bei Tel Aviv, während der er immer wieder seine Mutter Marlena stützen musste. 300 Trauergäste waren gekommen. Der 76-jährige Librescu hatte bei dem Amoklauf eines Studenten an der Hochschule im US-Staat Virginia die Tür des Klassenraums versperrt, um den Schülern die Flucht durch die Fenster zu ermöglichen. Er war dabei erschossen worden.
Ein rumänischer Diplomat übergab der Familie am Freitag einen Orden seines Staates. Librescu wurde in Rumänien geboren und hatte den Holocaust überlebt.
Die Familie des Amokläufers von Blacksburg (US-Bundesstaat Virginia) stand unterdessen auch am Freitag weiter unter dem Schutz der US-Polizei. Das FBI habe die südkoreanische Botschaft in Washington informiert, dass sich die Eltern und die ältere Schwester des Schützen Cho Seung-Hui in Sicherheit befänden.
Vier Tage nach dem Amoklauf des 23-jährigen Cho, bei dem er 32 Menschen tötete, gab es an zahlreichen Schulen und Universitäten in den USA anonyme Drohungen. Viele bezogen sich auf das Massaker an der Columbine High School in Littleton, dessen achter Jahrestag am Freitag mit örtlichen Gedenkfeiern begangen wurde. Mehrere Schulen und Hochschulen landesweit mussten am Freitag geschlossen werden. Allein in Nordkalifornien blieben 12 000 Schüler nach Anordnung der Schulbehörde zu Hause.
Am Donnerstagabend hatte sich in der Region ein vorbestrafter, 28-jähriger Mann selbst gestellt, der einen Amoklauf angedroht haben soll. Die Beamten hatten nach dem Obdachlosen gefahndet, nachdem er zuvor Familienmitgliedern und einen Pfarrer am Telefon gesagt hatte, er werde mit Waffen, Sprengstoff und Gift ein Massaker verüben. Dieser Anschlag werde das Blutbad in Blacksburg »harmlos« erscheinen lassen.
Psychologen hatten bereits kurz nach der spektakulären Veröffentlichung der wirren Videos und der Hasstexte von Cho am Mittwochabend vor Nachfolgetätern gewarnt. Die Polizei in Virginia äußerte sich enttäuscht darüber, dass der Fernsehsender NBC das Material von Cho verbreitet habe. Die großen US-Sender wollen nach eigenen Angaben das Ausstrahlen der waffenstarrenden Bilder und der aggressiven Botschaften des Südkoreaners künftig drastisch einschränken.
Die Schwester des Amokläufers, Sun Kyung Cho, hat sich in einem Bericht einer Studentenzeitung wegen der Taten ihres Bruders entschuldigt. Sie entschuldige sich, weil sie sich so schlecht fühlte für die Koreaner an der Universität. Der Großvater des Amokläufers hatte laut der »New York Post« einer südkoreanischen Zeitung gegenüber gemeint, er wäre »lieber schon tot, als dass er diese Schande seines Nachkommen miterleben müsste«. Er verstehe das alles nicht, die Eltern des 23-Jährigen seien »hart arbeitende Menschen«.

Artikel vom 21.04.2007