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Die neue Immobilienaktie

WGZ-Experte Rolf Drees über Chancen und Risiken von »Reits«

Von Bernhard Hertlein
Düsseldorf (WB). Wer auf Immobilien setzt, kann sein Geld künftig auch an der Börse investieren. Rückwirkend zum 1. Januar 2007 hat der Gesetzgeber jetzt auch in Deutschland die so genannten Reits (Real estate investment trust - gesprochen Riets) zugelassen.

»In den USA sind Reits schon seit den sechziger Jahren zugelassen«, erklärt Rolf Drees, Leiter der Abteilung Kommunikation und Research bei der genossenschaftlichen Zentralbank WGZ (Düsseldorf). Wer etwa wegen möglicher Auseinandersetzungen mit Mietern davor scheut, Wohnhäuser oder gewerbliche Immobilien direkt zu kaufen, konnte bisher in Deutschland nur Anteile an offenen oder geschlossenen Immobilienfonds erwerben.
Nachteil: Anteile an geschlossenen Immobilienfonds können in der Regel nur mit Zustimmung aller anderen Anteilseigner weiterverkauft werden. Bei den offenen Immobilienfonds braucht man für die laufende Bewertung die Mithilfe eines Sachverständigen. Dies und der Preisaufschlag bei der Ausgabe belasteten als fixe Kosten von vorneherein den Ertrag.
Der Kurs der neuartigen Immobilienaktie orientiert sich dagegen am Markt. Kauf und Verkauf richten sich wie bei Aktien üblich ausschließlich nach Angebot und Nachfrage. »Der Kurs wird nicht nur den Aussichten auf dem Immobilienmarkt, sondern auch der allgemeinen Wirtschaftslage folgen«, sagt Drees. Vermutlich seien die Ausschläge trotzdem geringer als die 25 Prozent, die ein normaler Dax-Wert im Jahresverlauf auf und ab schwanke. »Wer aber schon Herztropfen braucht, weil seine Aktie innerhalb von drei Monaten zehn Prozent an Wert verloren hat, sollte lieber auch von Reits die Finger lassen.« Für seine Bereitschaft zum Risiko erhält der Anleger allerdings auch - gesetzlich vorgeschrieben - 90 Prozent des operativen Gewinns einer Immobilienaktie als Dividende ausgeschüttet.
Dem Frieden in der Großen Koalition geschuldet ist die Bestimmung, dass nur gewerbliche Immobilien - also Fabrikgebäude, Kaufhäuser, Supermärkte, Bürohäuser - und Wohnimmobilien, die sich im Ausland befinden oder nach dem 1. Januar 2007 gebaut wurden, von einem Reit geführt werden dürfen. Ältere deutsche Wohnungen sind ausgeschlossen. »Diese Bestimmung ist überflüssig«, meint Drees. »Denn natürlich wären auch Reits, die in Deutschland Häuser besitzen, an das Mietrecht hier gebunden.« Wer wird nun die erste Reit-Aktie an der Börse platzieren?
»Das Rennen ist noch offen«, sagt der Experte der WGZ-Bank. Relativ weit fortgeschritten seien Immobilienunternehmen wie Alstria und Fondsanbieter wie DCM. Auch Versicherer und Banken werden vermutlich das neue Instrument nutzen. Schließlich steht es auch Konzernen mit großem Immobilienbesitz wie etwa Energieversorger oder Einzelhandelsunternehmen offen, ihre Immobilien in einem Reit an die Börse zu bringen und sich so liquides Kapital für andere Investitionen zu beschaffen. Drees: »Auf jeden Fall erweitern Reits das Spektrum der Investitionsmöglichkeiten für die deutschen Anlieger.«

Artikel vom 21.04.2007