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Hamburger Fischmarkt
zieht ins Wohnzimmer
Verlage Queen Games und Clementoni lassen alle mal Fischverkäufer sein
»Zwei Flundern für nur zehn Euro. Was, das ist dir zu teuer? Dann lege ich noch drei Aale dazu. Und einen Katzendieb. Ja wollt ihr denn alle selber angeln gehen?« Da endlich klingelt die Glocke. Der Fischverkäufer ist seine Ware los.
Es gab schon Indien- und China-, Vampir- und Venedig-Wellen; auch Wellen, die sich an einem aktuellen Film oder Buch anlehnten. Aber dass zwei Autoren -ÊAndreas Pelikan (Queen Games) und Mario Papini (Clementoni) gleichzeitig den Fischmarkt als Kulisse für ihre Brettspiele entdecken, ist eine Besonderheit. Ob sie mit der früher in Deutschland nicht gekannten Lust am lauten Feilschen zu tun hat oder umgekehrt mit dem Spaß am Erlebniseinkauf? Wer weiß? Vielleicht machten auch einfach nur zwei Autoren zufällig zur gleichen Zeit Urlaub an der norddeutschen Küste.
Dabei orientiert sich Pelikan mit seinem Spiel »Fangfrisch« (18,50 Euro) ganz eindeutig am Vorbild Hamburger Fischmarkt. Gewisse schauspielerische Fähigkeiten sind daher hilfreich, um ein bisschen Marktstimmung zu erzeugen. Bedingung sind sie allerdings nicht.
Derjenige der drei bis fünf Spieler, der für die erste Runde in die Rolle des Marktschreiers schlüpft, legt solange immer weitere Fische (Karten) auf den Versteigerungsstapel, bis einer der Mitspieler genug hat und den Stapel für zehn Euro erwirbt. Anschließend sortiert er sie je nach Sorte in eine von drei Ablagekisten. Eine davon ist mit Eis gefüllt. Was er nicht unterbringt, landet im Müll und kann am Ende möglicherweise den Sieg kosten. Der Marktschreier wird für seine Arbeit nach verkauften Karten entlohnt. Außerdem darf er selbst seine Fische an die Bank verkaufen. Dabei steigt der Preis, je mehr Fische einer Sorte verkauft werden. Am Ende gewinnt, wer das meiste Geld eingeheimst hat. Da unterscheiden sich die Fisch- nicht von anderen Märkten. Für zusätzliche Abwechslung sorgen Sonderkarten wie »Katzendieb« und »Dosenfisch«.
Noch stärkeren wirtschaftlichen Charakter hat das Konkurrenzspiel »Fischmarkt«Ê(Clementoni, 18 Euro) von Papini. Drei bis fünf Spieler erwerben zu Beginn einer Runde ihren Tagesfisch direkt von den Anlegerbooten. Das geschieht so, dass jeder sein Angebot für jede einzelne Bootsladung verdeckt hinter einem Sichtschirm abgibt. Das höchste Gebot erhält jeweils den Zuschlag. Ausliegende Nachfragekarten geben eine Ahnung davon, was an diesem Tag besonders gut laufen könnte. Doch wer welche Nachfragekarten erhält, entscheidet sich erst nach der Versteigerung und per Zufall.
Sehr kommunikativ verläuft der Teil des Spiels, bei dem die Spieler in jeder Runde miteinander verhandeln. Wer tauscht Seezunge gegen Lachs? Biete fünf Doraden gegen drei Heringe plus eine Fünfer-MünzeÉ
Nichtverkaufter Fisch muss entsorgt werden - abgesehen von einem kleinen Teil, der eventuell mit Hilfe von Eiswürfeln in die nächste Runde mitgenommen werden kann.
Beim Vergleich der beiden Spiele fällt auf: Bei »Fangfrisch« geht es etwas hektischer zu als bei »Fischmarkt« -Êdas macht allein schon das Gerangel um die Versteigerungsglocke. Beide Spiele sind jedoch klug durchdacht, gestalterisch und atmosphärisch dem Thema angepasst, eine gute Mischung aus Glück und Strategie. Darum sind sie auch beide ihr Geld wert. Bernhard Hertlein

Artikel vom 05.05.2007