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»Missionierung ist im Islam
fast unmöglich«

Heute im Gespräch: Aloys Butzkamm

Witten (WB). Missionierung wird in islamischen Ländern als ein »Angriff« verstanden. Christen sind nach muslimischem Selbstverständnis nur Menschen zweiter Klasse. Das beklagt Aloys Butzkamm, Ansprechpartner für Fragen des Islam im Erzbistum Paderborn. Mit ihm sprach Reinhard Brockmann.Pfarrer Aloys Butzkamm aus Witten ist Islamexperte des Erzbistums Paderborn und Autor einer Reihe von Büchern zu diesem Thema: Unter anderem hat er eine Einführung in den Islam im Bonifatius-Verlag Paderborn veröffentlicht: »Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen«.
Was macht einen Bibelverlag zu einem Attentatsziel?Butzkamm: Missionierung mit dem Ziel des Übertritts zum christlichen Glauben ist in islamischen Ländern fast unmöglich. Das Werben für den Glauben, indem man von Haus zu Haus geht und zum Beispiel Bibeln oder Schriften verteilt, gibt es nicht. Dafür geben unzählige soziale Einrichtungen Zeugnis von christlichem Engagement.

Christen wie Muslime glauben an den einen Gott...Butzkamm: Dem Moslem wird mit der Muttermilch auf den Lebensweg gegeben, dass der Islam die höchste aller Religionsformen ist. Ein Abfall von diesem Glauben ist etwas ganz Schlimmes. In manchen islamischen Ländern steht die Konversion zu einer anderen Religion unter schwerer Strafe und wird staatlich verfolgt. Im Umkehrschluss heißt das auch: Christen sind Menschen zweiter Klasse. Bei aller Toleranz muss auf dieses Missverhältnis auch einmal hingewiesen werden.

Stellt denn nicht jede Religion Alleinvertretungsansprüche?Butzkamm: Auch wir haben einen universalen Missionsauftrag, aber so wie ihn Jesus Christus versteht. Die katholischen deutschen Bischöfe haben ausdrücklich erklärt: Muslime haben das Recht in Deutschland zu missionieren. Allerdings sollte das umgekehrt auch möglich sein.

»Kirche in Not« betont, dass auch Muslime Gelegenheit haben sollten, ihren Erlöser kennen zu lernen...Butzkamm: So ist es. In der Realität scheitert die christliche Botschaft mitunter schon bei der Einreise. Wenn ich Studienkollegen in Jiddah/Saudi Arabien besuchen will, muss ich als katholischer Priester dafür unterschreiben, dass ich keine Bibel mitführe. Man stelle sich dem gegenteiligen Fall vor, der Koran dürfe nicht nach Deutschland mitgenommen werden...

Der Aufschrei wäre nicht zu überhören.Butzkamm: Das Bibelverbot wird ganz offenbar hingenommen. Niemand regt sich darüber auf.

Die, wenn auch vereinzelten, Übergriffe auf Christen nehmen kein Ende. Sehen Sie eine Tendenz?Butzkamm: Der Fall Malatya hat meines Erachtens eine ganz, ganz lange Vorgeschichte. Irgendwelche Mullahs oder Imame haben die Täter indoktriniert. Sie wissen genau, dass man junge Leute verführen kann. Vieles erinnert mich an den Fall Jitzhak Rabin, (der von einem orthodoxen Juden ermordete israelische Ministerpräsident, d. Red.). Da war ein junger Mann voller falsch geleitetem Idealismus am Werk. Deshalb muss den Scharfmachern der Boden entzogen werden, auf dem sie ihre Saat ausstreuen wollen.

Haben nicht die finsteren Mächte längst gesiegt? Butzkamm: Ich bin gegen jeden Generalverdacht. Die Mehrheit der Muslime in der Türkei will nicht zurück in den Fanatismus. Von meinen Besuchen weiß ich, dass sie ihren Glauben leben wollen, aber mit Verstand. Nur bei einigen gibt es das utopische Bild vom Ur-Islam, wie damals in Medina, als angeblich alles besser war.

Artikel vom 20.04.2007