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Wenn Allergien
Kindern unter
die Haut gehen

Schulprojekt »Was juckt mich das«

Von Hendrik Uffmann
Bielefeld (WB). Was es für Kinder bedeutet, an Asthma, Neurodermitis oder Allergie zu leiden, das erklärt das bundesweit bislang einmalige Projekt »Was juckt mich das«, das seit Februar an Bielefelder Grundschulen läuft. Mehr als 1000 Schüler haben bereits daran teilgenommen - mit großem Erfolg.

Ein lautstarkes »Iiihh« hallt durch den Klassenraum der 3 b in der Grundschule Theesen, als Susanne Behr den Schülern fettige Creme auf die Hände kleckst, damit sie diese damit einreiben. Was die Jungen und Mädchen ekelig finden, das ist für einige Kinder jedoch Normalität - wenn sie an Neurodermitis leiden und auf diese Weise ihre Haut pflegen müssen.
Damit die von solchen Krankheiten betroffenen Kinder nicht auch noch zusätzlich von ihren Klassenkameraden gemieden oder sogar gehänselt werden, wurde das Projekt »Was juckt mich das - Allergie und Schule« ins Leben gerufen, das noch bis Mitte Mai laufen wird. Initiiert wurde es von der Klinik für Kinder und Jugendmedizin des evangelischen Krankenhauses Bielefeld (EvKB) und dem Schulamt der Stadt Bielefeld, finanziert wird es mit einer Unterstützung von etwa 7000 Euro von der Bielefelder Bürgerstiftung.
17 Grundschulen in der Stadt beteiligen sich. »In jeder Klasse gibt es mindestens drei, manchmal auch fünf Kinder, die unter einer Allergie, Asthma oder Neurodermitis leiden«, erklärt Kinderkrankenschwester und Asthma- und Neurodermitis-Trainerin Katharina Hagemeister vom EvKB, die das Projekt zusammen mit ihrer Kollegin Susanne Behr leitet. Tendenz steigend.
Dabei macht ihnen nicht nur die Krankheit zu schaffen. Sich mit ständigem Juckreiz auf eine Klassenarbeit zu konzentrieren, ist schwer genug. Wenn aber dann noch die Klassenkameraden lästern, leiden die Kinder doppelt.
Wie das Projekt funktioniert, das zeigten die Projekt-Leiterinnen gestern an der Grundschule Theesen. Jede Klasse bekommt in einer Doppelstunde erklärt, was es mit den Krankheiten auf sich hat und was diese für die betroffenen Mitschüler bedeuten. Und die Schüler können es selbst auch ausprobieren - wie mit der Fettcreme. Mit schmierigen Händen eine Kappe vom Stift abzuziehen und dann ein Bild zu malen, ohne das Papier zu beschmieren, ist gar nicht so einfach, erfahren sie. Und drei Minuten mit zugehaltener Nase nur durch einen Strohhalm zu atmen, auch nicht. »Doch so erleben sie, wie sich ein Kind fühlt, das eine Asthma-Anfall hat«, erläutert Katharina Hagemeister. Für die Eltern und Lehrer an jeder beteiligten Schule gibt es außerdem einen Informationsabend.
Schulamtsrätin Jutta Schattmann betonte, dass das Projekt möglichst an allen Bielefelder Grundschulen durchgeführt werden soll. »Ich würde mir wünschen, dass daraus eine regelmäßige Einrichtung wird.«
Denn bislang, so Katharina Hagemeister, seien die Erfahrungen äußerst positiv. »Die Kinder sind sehr aufgeschlossen und interessiert. Auch die, die selbst keine Probleme haben.« So regte Susanne Behr in der Klasse 3 b an, einiges von dem Gelernten in die Klassenregeln aufzunehmen. Und Tabea hatte auch gleich eine Vorschlag: »Wenn sich jemand doll jucken muss, sollten wir nicht so hingucken, damit es nicht noch schlimmer wird für ihn.«

Artikel vom 20.04.2007