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Zwischen den
Todesschüssen
Video verschickt

Amokläufer nennt seine Motive

Washington (dpa). Schockierende Videobotschaft des Amokläufers von Blacksburg: Cho Seung-Hui hat in den zweieinhalb Stunden zwischen seinen Bluttaten im US-Bundesstaat Virginia ein Paket mit wirren Botschaften zu seinen Motiven verschickt.
Studenten trauern auf dem Universitäts-Gelände um die Opfer der Bluttat. Fotos: Reuters

In einem Video und »Manifest«, die der US-Sender NBC jetzt per Post erhielt, äußert der 23-Jährige unter anderem Hass gegen Reiche und erklärt, das Blutbad in der Technischen Staatsuniversität wäre vermeidbar gewesen. Die Polizei vermutet, dass der Todesschütze noch am Montagmorgen vor dem Massaker, bei dem 33 Menschen starben, an der Botschaft arbeitete. Außerdem wurde bekannt, dass Cho im Dezember 2005 wegen Geisteskrankheit zur Untersuchung in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, aber nach 24 Stunden wieder entlassen worden war.
Viele Studenten äußerten sich schockiert über die Ausstrahlung von Teilen des Videos im NBC-Fernsehen. »Es war wie ein Schlag ins Gesicht«, sagte die 19-jährige Kristin Fleming-Dahl. Auch Experten äußerten Kritik. Der Präsident des Senders Steve Capus erklärte, die Entscheidung sei nach sorgfältiger reiflicher Überlegung gefallen.
NBC hatte das Päckchen nach eigenen Angaben am Mittwochmorgen erhalten und sofort das FBI informiert. Der Student, der sich nach dem Massaker das Leben genommen hatte, sagt in einer Szene: »Ihr habt mich in eine Ecke gedrängt. Jetzt müsst ihr damit leben, dass Blut an euren Händen klebt.« Auf elf Fotos ist Cho mit zwei Handfeuerwaffen zu sehen - nach Vermutungen jene, die er bei dem Massaker benutzte. Mehrere Szenen sind einem blutigen Action-Film aus Südkorea nachgestellt, so ein Videoclip, in dem Cho in bedrohlicher Pose einen Hammer in der Hand hält.
Cho hatte - wie berichtet - am Montag in einem Studentenwohnheim der Universität in Blacksburg zunächst zwei Menschen getötet. Fast zweieinhalb Stunden später erschoss er in einem anderen Gebäude auf dem Campus weitere 30 Studenten und Lehrkräfte.
NBC zufolge wurde das Päckchen am Montag um 9.01 Uhr Ortszeit bei einer kleinen Poststelle aufgegeben - etwa eine Stunde und 45 Minuten nach der ersten Schießerei. Das 1800 Worte umfassende schriftliche »Manifest« ist über lange Strecken weitschweifend. Die 27 Videoclips zeigen Cho mit Stimmungsschwankungen - manchmal klingt er sanft, manchmal sind seine Äußerungen extrem aggressiv und mit Obszönitäten gespickt.
An mehreren Stellen gibt er wirre indirekte Anspielungen auf das geplante Blutbad. So sagt er: »Ihr habt hundert Milliarden Chancen und Wege gehabt, (das) heute zu verhindern. Aber ihr habt euch entschieden, mein Blut zu vergießen.«

Artikel vom 20.04.2007