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Bestürzung über Mord an drei Christen in der Türkei

Auch ein Deutscher unter den Opfern von Malatya

Istanbul (dpa). Die Gewalt gegen Christen in der Türkei hat gestern mit der Ermordung von drei Männern in einem christlichen Verlagshaus einen neuen Höhepunkt erreicht. Zwei Türken und ein Deutscher wurden bei dem Überfall in der südosttürkischen Stadt Malatya erstochen.
Die Polizei fand die drei Männer mit durchschnittenen Kehlen. Sie waren von den Angreifern an Händen und Füßen gefesselt und an Stühle gebunden worden. Einer der beiden Verlagsmitarbeiter wurde noch ins Krankenhaus gebracht, erlag dort aber seinen schweren Verletzungen. Der ermordete Deutsche soll nach Angaben türkischer Medien 46 Jahre alt gewesen sein und seit fünf Jahren in Malatya gelebt haben.
Die mutmaßlichen Täter, fünf Türken im Alter von 19 und 20 Jahren, wurden noch am Tatort festgenommen, einer von ihnen verletzt. Er war bei der Flucht vor der Polizei aus dem Fenster gesprungen. Auch die Tatwaffen seien sichergestellt worden, sagte der türkische Innenminister Abdulkadir Aksu am Abend.
Die fünf jungen Männer trugen Medienberichten zufolge einen Brief bei sich, aus dem ihre Motive allerdings nicht deutlich wurden. »Wir sind alle fünf Brüder. Wir gehen in den Tod und werden wohl nicht wiederkommen.« Den Berichten zufolge lebten sie zusammen in einem Wohnheim. Einer von ihnen sei während der Vorbereitung zur Universitätsprüfung nach einem Streit mit der Heimleitung hinausgeworfen worden.
Mit »Entsetzen« reagierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf den Überfall. »Ich verurteile diese furchtbare Tat auf das Schärfste«, sagte der Minister.
Der im dritten Stock eines Hauses gelegene Zirve-Verlag verkaufte Bibeln, Kreuze und christliche Literatur. Er sei in der Vergangenheit häufiger bedroht worden. In der Lokalpresse sei wegen des Verkaufs christlicher Bücher in der Stadt seit längerem eine Debatte entbrannt, hieß es im Fernsehen.
Bereits im vergangenen Jahre hatte die Türkei mit dem Mord an einem italienischen Geistlichen in der Schwarzmeerstadt Trabzon für Schlagzeilen gesorgt. Der Pater Andrea Santoro war im Februar 2006 von einem 16-jährigen Türken beim Gebet in der Kirche hinterrücks erschossen worden. In Samsun, ebenfalls am Schwarzen Meer, war wenige Monate später ein französischer Priester durch Messerstiche verletzt worden.
Die Verbreitung von christlicher Literatur und Symbolen wird von türkischen Extremisten als verbotene Missionarstätigkeit angesehen. Auch im Zusammenhang mit dem Mord an dem italienischen Priester in Trabzon hatten türkische Medien spekuliert, dass der inzwischen wegen Mordes verurteilte Jugendliche von Extremisten aufgehetzt worden sein könnte.

Artikel vom 19.04.2007