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Exklusives in der Karibik
Die Insel St. Barthélemy ist das Urlaubsziel der Reichen und Berühmten
Christoph Kolumbus' Bruder Bartolomeo war zwar nie in der Karibik, aber sein Name ist dort heute noch allgegenwärtig. Denn der große Entdecker benannte eine Insel nach ihm, die heute den Franzosen gehört und daher den Namen Saint Barthélemy trägt.
Wie alle anderen französischen Überseedepartements zählt auch das von Gouadeloupe aus verwaltete Eiland politisch zu Europa und ist EU-Mitglied. Die Bewohner sind französische Bürger mit allen Rechten und Pflichten. Mag die Hauptstadt Gustavia auch an einen Ferienort der Cote d'Azur erinnern - das Publikum ist vorwiegend amerikanisch, geprägt von der New Yorker Model- und Fotografen-Schickeria. Und so hat sich längst die Kurzbezeichnung St. Barth eingebürgert.
Massentourismus ist schon aufgrund der Größe und Topographie der Insel ein Fremdwort. Nur Kleinstflugzeuge können in einem abenteuerlichen Manöver auf St. Barthélemy landen. Der Pilot hat keine Chance, die Landebahn zu sehen. Nur ein kleines weißes Holzkreuz weist ihm den Weg über einen flachen Hügel neben Gustavia. Dieses und den daneben liegenden Kreisverkehr muss er in maximal 20 Metern Höhe überfliegen und dann steil auf die kurze, in die Badebucht von St.Jean mündende Piste hinabstoßen. So kommen die meisten Besucher mit der Fähre von Saint Martin herüber - oder als Kreuzfahrt-Touristen.
Jahrzentelang lebten die Familien auf der kleinen Insel abseits der großen Welt. Heute leben sie vom Tourismus. Mit ihm kam das Geld und die feine französische Lebensart. Stilvoller als auf St. Barth kann man seine Ferien in der Karibik nicht verbringen. Es gibt kaum Arbeitslose, Steuern sind unbekannt - mit Ausnahme einer kleinen Steuer für die Straßenreinigung.
Die Wende kam 1960: Damals ließ sich der milliardenschwere Bankier David Rockefeller in der Bucht von Colombier ein Feriendomizil erbauen. St. Barth kam in Mode: Die Rothschilds, Fords und weiterer US-amerikanischer Geldadel zogen nach. Liz Taylor, Prinzessin Caroline von Monaco, Catherine Deneuve und andere Stars verbrachten hier ihren Urlaub. Mittlerweile sonnen sich an den 22 traumhaft schönen Sandstränden die Reichen und Berühmten aus aller Welt.
Pauschaltouristen besuchen die Insel nicht, es sei denn als Tagesausflügler per Boot. So gehört St. Barth zu den exklusiven Zielen der Karibik. Nirgendwo auf den Kleinen Antillen gibt es auf so engem Raum so viele hervorragende Restaurants, Hotels und hochpreisige Ferienhäuser.
Die heutigen Inselbewohner sind Nachfahren von Franzosen aus der Normandie und der Bretagne. Sie hatten sich im 17. Jahrhunderts als Baumwoll- und Tabakpflanzer auf der Insel niedergelassen. Einige der Bewohner sprechen noch heute das alte Französisch ihrer Vorväter. Da das karge Land für Zuckerrohranbau nicht taugte, gab es auf St. Barth keine Sklaven.
König Ludwig XVI. überließ die Insel 1785 seinem Cousin König Gustav III. von Schweden; im Gegenzug erhielt Frankreich das Recht, in Göteborg einen Handelsposten zu errichten. Die Hauptstadt von St. Barth heißt seither Gustavia. Es gibt ein kleines schwedisches Konsulat - und im Heimatmuseum ein ausgestopftes Rentier. Dieses lebte jedoch auf Barbados und wurde nach seinem Tod als ausgestopftes Präparat für eine skurrile Ladendekoration nach St. Barth gebracht. Nach dem Tod seiner Besitzerin steht es nun neben Bootsmodellen, einem historischen Radio, einem in der Schrottpresse zusammengepressten Autowrack, alten Fotos und Geldscheinen im Museum neben dem Rathaus.
Es lohnt sich, mit einem Mietwagen über die Insel zu fahren, man gelangt so zu weitgehend leeren Stränden, die teilweise über starke Brandung verfügen. In der gebirgigen Inselmitte kann man wandern, in Gustavia zu einem Aussichtspunkt hinaufklettern. Nur die Festung bleibt Besuchern verschlossen, denn dort hat sich das Militär einquartiert. Thomas Albertsen

Artikel vom 05.05.2007