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Bewegender Abschied vom letzten Enkel des Kaisers

Gedenkgottesdienst für Wilhelm-Karl Prinz von Preußen in Berlin

Von Michael Robrecht
Berlin (WB). Prominente Vertreter des deutschen Hochadels, hunderte Johanniter-Ritter mit Familien, langjährige Weggefährten, Freunde und die weit verzweigte Hohenzollern-Familie haben gestern in Berlin Abschied vom letzten Enkel von Kaiser Wilhelm II. genommen.
Links Prinz Georg Friedrich von Preußen, Chef des Hauses Hohenzollern, rechts Prinz Oskar von Preußen, Sohn des Verstorbenen und Herrenmeister des Johanniterordens. Fotos: M. Robrecht
1500 Gäste kamen zum Trauergottesdienst für Wilhelm-Karl Prinz von Preußen in den Berliner Dom. Für viele endete mit dem Tod dieses Kaiserenkels ein Stück Geschichte.
Prachtvoller Blumenschmuck, Kränze mit den fürstlichen Farben, aufgereihte Orden und der neobarocke Glanz der ehemaligen Hofkirche über der Königsgruft der Preußen versetzte die Trauergemeinde ein wenig zurück in die Preußen- und Kaiserzeit. Doch nicht das untergegangene Reich sollte hofiert werden, sondern ein Mann, sagte Ordensdekan Ruprecht Graf zu Castell-Rüde in seiner Trauerrede, der durch sein Wirken als evangelischer Christ dem Johanniter-Orden in der Nachkriegszeit ein äußeres und inneres Profil gegeben hat und das Preußentum in seinen positiven Eigenschaften perfekt verkörperte. »Sein Wort wurde gehört«, hob der Graf die Persönlichkeit des Verstorbenen hervor. Ein Portrait am Altar zeigte den Prinzen.
Der im Alter von 85 Jahren gestorbene letzte Kaiserenkel, der bis zuletzt in Holzminden wohnte und viele Familienmitglieder und Freunde in Ostwestfalen-Lippe hatte, galt als ein bescheidener Mann: Prinz Wilhelm-Karl, dessen Vater Prinz Oskar (1888-1958) zweitjüngster Sohn des letzten deutschen Kaisers war, tat viel Gutes, hängte das jedoch nicht an die große Glocke.
Der Johanniterorden trauert um seinen Protektor und einen mehr als 40 Jahre engagierten Herrenmeister, der eine 900-jährigen Ordenstradition am Leben erhielt.
In der ersten Reihe des Domes saß seine Familie, die vom Chef des Hauses Hohenzollern, Prinz Georg Friedrich (30), rührend betreut wurde. Dahinter versammelten sich Adelsfamilien wie Bismarck, Schaumburg-Lippe, Reuss, Dohna, Hannover, Curland, Schönburg-Glauchau oder Bentheim und Bassewitz. Mitglieder des Johanniter-Ritterordens (Prinz Wilhelm-Karl führte weltweit 3300 Ritter) und auch die katholischen Malteserritter mit ihren markanten Umhängen dokumentieren die hohe Wertschätzung für den Verstorbenen.
Der in Potsdam in der Villa Quandt geborene Prinz Wilhelm-Karl wurde 1944 in den Johanniterorden aufgenommen. In seine Regierungszeit fielen die Rückbesinnung auf die Ordenstradition, die Weiterentwicklung der Ordenswerke, der Altenpflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, der Johanniter-Unfall-Hilfe, der Johanniter-Hilfsgemeinschaften und der Schwesternschaft sowie die Gründung der Subkommenden als neue Ordensgliederung. Dem Orden steht heute als Herrenmeister sein Sohn, Oskar Prinz von Preußen, vor. Für die Johanniter arbeiten in Deutschland 50 000 Menschen ehren- und hauptamtlich - die Johanniter sind Träger von 200 Kindergärten und rund achtzig stationären Einrichtungen.
Prinz Wilhelm-Karl war bereits am Mittwoch auf dem Bornstedter Friedhof in Postdam im engsten Familienkreis in einem - wie es sich für einen Preußen gehört - bescheidenen Grab beigesetzt worden. Neben ihm ruhen Prominente wie der bedeutende Architekt Friedrich Ludwig Persius, der Landschaftsgärtner Peter Joseph Lenne und viele Offiziere des Preußenhofes.

Artikel vom 20.04.2007