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Sieht in der Strafanzeige auch ein Stück »Freiheit«: Präses Alfred Buß.

Besetzer sollen »Folgen ihres Handelns tragen«

Paul-Gerhardt: Kirchenleitung will Schlichter nicht vor Montag akzeptieren


Von Gerhard Hülsegge
Bielefeld (WB). Frühestens kommenden Montag, 23. April, wollen sich der Evangelische Kirchenkreis Bielefeld und die Bevollmächtigten der Kirchengemeinde Neustadt-Marien entscheiden, ob sie im Streit um die besetzte Paul-Gerhardt-Kirche einen Schlichter akzeptierten oder nicht. »Es muss alles sorgfältig mit landeskirchlichen Juristen beraten werden«, sagte Superintendentin Regine Burg gestern im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Die Bürgerinitiative, die den Verkauf der Kirche verhindern will, hat Amtsgerichtsdirektor Hans-Jürgen Donath (64) als Mediator bereits akzeptiert, fordert zuvor aber die Rücknahme der Strafanzeigen gegen die Besetzer wegen Hausfriedensbruchs.
Dass die Kirchenführung einlenkt, ist derzeit nicht erkennbar. »Es hieße, diesen Rechtsbruch zu billigen, wenn dagegen keine Rechtsmittel eingelegt würden«, stellte sich Präses Alfred Buß jetzt noch einmal hinter die Vertreter der Neustädter Marien-Kirchengemeinde als Anzeigenerstatter.
Sie hätten Basisverantwortung wahrgenommen, bekräftigte der oberste Theologe der Westfälischen Landeskirche am Mittwoch beim Besuch der Pfarrkonferenz des Kirchenkreises Bielefeld. Die Kirche werde von Presbyterien und Synoden geleitet. Sie hätten klare Regeln aufgestellt. Wörtlich sagte Buß: »Wir können von allen Mitgliedern erwarten, dass sie diese Regeln akzeptieren. Wo das nicht geschieht, gehört es zur evangelischen Freiheit, dass erwachsene Menschen die Folgen ihres Handelns tragen.«
Das Recht, ergänzte Synodalassessor Christoph Steffen, habe auch eine theologische Qualität: »Es sichert unsere Freiheit«. Die Verantwortung der Basis lässt sich laut Buß nicht nach oben delegieren. Das sei Grundprinzip der evangelischen Kirche.
Mit der Anzeige gegen die Kirchenbesetzer beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft in Münster. Das hat der Generalstaatsanwalt in Hamm entschieden, nachdem die Bielefelder Behörde die Bearbeitung wegen Befangenheit abgelehnt hatte, weil sich unter den Besetzern ein Vorsitzender Richter des Landgerichts befindet. 22 Gläubige haben der Abend-Andacht in der Paul-Gerhardt-Kirche gestern beigewohnt. Sonntag, 10 Uhr, soll ein weiterer Gottesdienst mit Abendmahl stattfinden.

Artikel vom 19.04.2007