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Verhandlungs-Marathon am Ziel

Finanzierung gesichert - Handel spürte bereits Auswirkungen der Krise

Von Edgar Fels
Schieder-Schwalenberg/Frankfurt (WB). Aufatmen bei Europas größtem Möbelhersteller Schieder: Gestern Abend einigten sich Banken und Investoren auf ein Finanzierungskonzept. Vorausgegangenen waren ein Verhandlungsmarathon und eine Demonstration von 400 Beschäftigten aus Schieder-Schwalenberg und Steinheim vor der Deutschen Bank in Frankfurt/Main.

Der Protest im 350 Kilometer entfernten Frankfurt war spontan und mit Hilfe der IG-Metall-Spitze in Frankfurt organisiert worden. Sieben Busse setzte die Gewerkschaft ein. Mit Trillerpfeifen und Spruchbändern protestierten die Beschäftigten gegen das Kreditinstitut, das nach Angaben des Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Detmold, Reinhard Seiler, einer Übergangsfinanzierung in Höhe von 70 Millionen Euro nicht zugestimmt hatte. Der Anteil der Deutschen Bank soll bei sechs Millionen Euro liegen. Offen blieb gestern Abend, ob die Deutsche Bank einlenkte oder das Finanzierungskonzept für Schieder ohne Deutschlands größtes Kreditinstitut zustandekam.
Bis in die Abendstunden hinein hatte der öbelhersteller die Gespräche mit den Investoren über die Übergangsfinanzierung fortgesetzt. Unternehmensgründer und Konzernchef Rolf Demuth, Holding-Geschäftsführer Franz-Josef Golüke und Peter Maekelburger, ebenfalls Mitglied der Geschäftsführung, verhandelten in Schieder mit Investoren. Mindestens eine weitere Verhandlungsgruppe beriet sich in Düsseldorf mit Vertretern der Deutschen Bank. Neben der Deutschen Bank soll angeblich auch die Industrie Kreditbank (IKB) Bedenken gegen das Finanzierungskonzept gehabt haben.
Während in Schieder und Steinheim die Arbeit ruhte, wurde nach Angaben eines Unternehmenssprechers in den ausländischen Werken weiter produziert.
Für heute ist ein Treffen des Sachverständigen Sven-Holger Undritz mit dem Detmolder Insolvenzrichter Klaus-Peter Busch vorgesehen. »Der Antrag auf vorläufige Insolvenz kann weiterhin zurückgenommen werden«, sagte ein Gerichtssprecher.
Die Gewerkschaft IG Metall hatte gestern ihre Kritik an die Geschäftsführung von Schieder erneuert. »Man darf nicht vergessen: Schuld an der Misere bei Schieder ist nicht die Deutsche Bank ist, sondern das Management. Dort wurden Fehler gemacht. Rolf Demuth hat angesichts der Verschachtelung der Firmengruppe den Überblick verloren«, sagte Reinhard Seiler, Erster Bevöllmächtigter der IG Metall Detmold. Schieder beschäftigt 11000 Mitarbeiter, davon 750 in Ostwestfalen-Lippe.
Die Schieder-Krise wirkte sich bereits auf den Möbelhandel aus. »Es gab erste Lieferverzögerungen«, sagte Gerhard Laubmeier, Geschäftsführer beim Einrichtungshaus Porta-Möbel. Das Einrichtunghaus Zurbrüggen hat die Entwicklung bei Schieder kommen sehen, sagte Vertriebschef Wolfgang Krantzen. Durch Mengenabsicherung und Ersatzlieferanten habe man sich strategisch auf die Situation eingestellt. »Unsere Kunden erhalten weiterhin ihre Möbel«, sagte Laubmeier.

Artikel vom 19.04.2007